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Hop oder Top: Die CDU will Ramelow stürzen, hält ihn aber selbst im Amt

von KLAUS KELLE

ERFURT – Mit Friedrich Merz hatte die CDU-Landtagsfraktion gestern Abend einmal mehr einen Redner für den Jahresempfang verpflichtet, der die Parteifreunde auch in komplizierten Zeiten zu begeistern versteht.

Deutschland stehe im Spetember vor einer wichtigen Bundestagswahl, die dazu dienen müsse, die Lehren aus den 18 Monaten der Corona-Pandemie zu ziehen und unser Land auf die nächste Krise besser vorzubereiten. Am 26. September werde zum ersten Mal seit 1949 eine neue Regierung gewählt, ohne dass ein amtierenden Kanzler zur Wiederwahl stehe.

Doch am Rande der Veranstaltung gab es gestern Abend nur ein Thema: Platzt die für September geplante Neuwahl in Thüringen doch noch, weil es keine Mehrheit für die Auflösung des Landtags am Montag geben wird? Vier CDU-Abgeordnete haben angekündigt, dass sie – ebenso wie zwei Linke – nicht zustimmen werden. Während die CDU im „Club Central“ feierte, kündigten zeitgleich die Fraktionen von Grünen und Linke an, sich zu Sondersitzungen zu treffen. Gut möglich, dass danach deren Anträge auf Auflösung des Parlaments zurückgezogen werden. Die FDP hatte in der Woche angekündigt, sich bei der Abstimmung enthalten zu wollen – mit Ausnahe ihres Fraktionsmitgliedes Dr. Ute Bergner, die die Partei verlassen hat, um bei Landtagswahlen mit ihrer neuen Partei Bürger für Thüringen (BfTh) anzutreten. Und der FDP-Politiker Thomas Kemmerich, der vergangenes Jahr kurzzeitig Ministerpräsident war, nachdem er im Landtag mit den Stimmen von FDP, CDU und AfD gewählt worden war, saß gestern Abend beim CDU-Empfang in der zweiten Reihe mit dabei und wurde von Fraktionschef Mario Voigt herzlich begrüßt.

Voigt hatte in seiner Eröffnungsrede vor 300 Parteifreunden das Versagen der rot-rot-grünen Regierung und ihres Ministerpräsidenten Bodo Ramelow überzeugend beschrieben, den Lehrermangel und den damit verbundenen Unterrichtsausfall, die höhere Steuerbelastung für die Bürger nach eigentlich „steuerstarken Jahren“. Thüringen hatte in der Corona-Krise über Monate bundesweit die höchsten Inzidenzwerte. Dann noch die Herzthemen, die jeden CDU-Saal (zu recht) in Stimmung bringen, etwa die Politik der Grünen, Sexualkunde schon in den Grundschulen zu lehren, und bei den Linken, den Religionsunterricht an Thüringens Schulen abschaffen zu wollen. Beides rot-grüne Vorhaben, die eigentlich auf harsche Ablehnung der Union stoßen.

Doch das eigentlicht Problem sprach Voigt nicht aus, wohl weil er selbst Teil dieses Problems ist. Wenn er sagt, es müsse Neuwahlen geben, weil Thüringen von der Regierung Ramelow erlöst werden sollen, steht dem entgegen, dass der von den Bürgern in Thüringen abgewählte Bodo Ramelow nur heute noch  in der Staatskanzlei in Erfurtsitzt, weil Voigt und seine CDU es sind, die dieser abgewirtschafteten rot-rot-grünen Landesregierung zur Macht verhilft. Und es ist ein offenes Geheimnis in Erfurt, dass es Gespräche zwischen einzelnen Politikern der Linken und der CDU gegeben haben soll, bei denen über eine Verlängerung dieses skandalösen Verhaltens einer Mehrheit der CDU-Landtagsfraktion auch in Zukunft gesprochen wurde.

Wenn Mario Voigt und die CDU den Freistaat Thüringen von der Regierung Ramelow erlösen will, dann könnte sie das noch heute tun, indem sie den sogenannten „Stabilitätspakt“ mit der linksgrünen Landesregierung aufkündigt.




Die CDU in Südthüringen steht wie eine 1 hinter Hans-Georg Maaßen

Die Kandidatur von Hans-Georg Maaßen im Wahlkreis 196 (Schmalkalden) sorgt in der Südthüringer CDU weiter für Euphorie. Während CDU-Hinterbänkler aus anderen Bundesländern ihre weitere Einkommensgrundlage durch Schüsse aus dem Hinterhalt auf den eigenen konservativen Parteifreund zu sichern suchen, herrscht an der Basis der schwer angeschlagenen Thüringer CDU Aufbruchstimmung. So pöbelt der nordrhein-westfälische EU-Abgeordnete Dennis Radtke (CDU)  aus dem Ruhrgebiet, früheres SPD-Mitglied und heute Allzweckwaffe gegen den an der Parteibasis populären ehemaligen Verfassungsschutzchef und legt ihm nahe „die Partei zu verlassen“.Vor Ort sieht man das ganz anders. So verteidigte der Vorsitzende des CDU-Kreisverbandes Hildburghausen, Christopher Other, im MDR die jüngsten Äußerungen Maaßens, der Kritik am «klaren Linksdrall» der Staatssendeabstalten geübt und gefordert hatte, die charakterliche Eignung für den Journalistenberuf bei jungen Redakteuren zu prüfen.

Other: Maaßen hat seinen Platz in der CDU

Aus seiner Sicht sei es legitim, dass sich ein Bundestagskandidat zu «etwaigen Themen» äußere, sagte Other dem Nachrichtenradio MDR Aktuell. Kernbotschaft Maaßens sei ein Hinweis, «dass es eine Informationspflicht im öffentlich-rechtlichen Rundfunk gibt, die sich auf eine neutrale Berichterstattung verstetigen sollte und dort auch ihren Hauptpunkt sieht».

Natürlich habe Maaßen Platz in der CDU: Er sei «unwidersprochen Demokrat, weil, wer den Verfassungsschutz führen durfte über diese sechs Jahre, (…) ist durchleuchtet und hat hier auch überhaupt gar keine Anwandlungen, irgendwie vom demokratischen Spektrum abzudriften». Die Südthüringer CDU hatte Maaßen Ende April als Direktkandidaten für den Wahlkreis 196 aufgestellt – mit 37 von 43 Stimmen.

Maaßen hatte am Wochenende für Aufsehen gesorgt, als er den öffentlich-rechtlichen Medien tendenziöse Berichterstattung vorwarf. Am Sonntagabend betonte Maaßen zwar auf Twitter, Presse- und Rundfunkfreiheit in Deutschland hätten Verfassungsrang, am Montag forderte er aber erneut Verfassungstreue: «Es ist seit Jahren bekannt, dass es Journalisten gibt, die Bezüge zur Antifa hatten und möglicherweise noch haben», sagte er. Ein solcher Verdacht müsse ausgeräumt werden.

Wie bei nahezu jedem Text der Deutschen Presse-Agentur zum Thema Maaßen werden auch Zitate des Politrenters Polenz und des aus dem Bundestag ausscheidenden CDA-Aktivisten Schummer angeboten. Wir haben auf Polenz in diesem Text wegen absoluter Belanglosigkeit verzichtet. Schummer unterbot sogar noch alle Peinlichkeiten von Radtke und Polenz, als er gegenüber der Funke-Mediengruppe (in Thüringen die Monopolzeitung Thüringer Allgemeine) indem er an die Kreisverbände der CDU in Südthüringen appellierte:

„Entzieht ihm das Vertrauen für die Kandidatur. Besser kein Kandidat als ein schlechter Kandidat.“

Und genau das werden die fleißigen Wahlkämpfer dort nicht machen.



Antrag auf Auflösung des Landtags gestellt: Aber die Mehrheit ist ungewiss

Thüringens Landtag soll den Weg für seine Neuwahl im September frei machen. Linke, SPD, Grüne und CDU reichten am Abend nach wochenlanger Debatte einen Antrag auf Auflösung des Parlaments ein, teilten die Geschäftsführer der Fraktionen sowie die Landtagsverwaltung mit. Der Antrag trägt wie von der Verfassung gefordert die Namen von 30 Abgeordneten. Sie beantragen die Selbstauflösung des Parlaments.

Für die Abstimmung darüber ist der 19. Juli im Gespräch. Die Selbstauflösung des Landtags wäre ein Novum in der Thüringer Geschichte seit der Wiedervereinigung.

Seit Wochen streiten die vier Fraktionen darüber, ob die für die Auflösung eines Verfassungsorgans nötige Zwei-Drittel-Mehrheit gesichert ist. Das ist derzeit nicht der Fall – von den erforderlichen 60 Stimmen sind nur 57 sicher. Grund ist, dass vier CDU-Abgeordnete angekündigt haben, den Weg nicht mitzugehen. In dieser Woche haben außerdem zwei Linke-Abgeordnete erklärt, dass sie sich an der Abstimmung nicht beteiligen werden, wenn Rot-Rot-Grün und CDU die nötigen Stimmen nicht wie verabredet aus eigener Kraft aufbringen.

Der rot-rot-grüne Koalition von Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) fehlen im Landtag vier Stimmen für eine eigene Mehrheit. Sie ist bei jeder Entscheidung auf Stimmen der oppositionellen CDU-Fraktion angewiesen.

Landtag und Bundestag sollen parellel gewählt werden

Vor Antragstellung sei auch darüber beraten worden, dass es rechtlich möglich ist, den Auflösungsantrag zurückzuziehen, sollte in den nächsten Tagen deutlich werden, dass keine Zwei-Drittel-Mehrheit bei der Abstimmung zustande kommt, sagte die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Astrid Rothe-Beinlich.

Die Hoffnung der Parteien bei einer vorgezogenen Landtagswahl zusammen mit der Bundestagswahl am 26. September ist, dass es danach eindeutige Mehrheiten im Parlament in Erfurt gibt. Die Landtagsauflösung ist auch eine Reaktion auf den Februar 2020 mit der Wahl von Kurzzeit-Ministerpräsident Thomas Kemmerich (FDP), der entsprechend dem Wählerwillen in Thüringen von einer nicht linken Mehrheit der Bürger getragen wurde. Die Bundeskanzlerin hatte danach angeordnet, die Wahl Kemmerichs „rückgängig“ zu machen. Ein beispielloser Vorgang in der Geschichte der Bundesrepublik, der aber willfährig vollzogen wurde.  Der von den Bürgern im Freistaat abgewählte Bodo Ramelow von der SED-Nachfolgepartei regiert seitdem mit der CDu als Steigbügelhalter. Manches kann man sich gar nicht ausdenken.




Suhls Bürgermeister Knapp startet Petition: Schließt endlich die Flüchtlingseinrichtung in Suhl!

ERFURT – Der Thüringer Landtag hat eine Petition des  Suhler Oberbürgermeister André Knapp (CDU) auf Schließung der Erstaufnahmeeinrichtung in Suhl angenommen und veröffentlicht. Damit erfüllt sie alle gesetzlichen Vorraussetzungen einer Petition, mit der sich der Landtag  beschäftigen muss, wenn innerhalb von sechs Wochen mindestens 1500 Bürger unterzeichnet haben.

Die Flüchtlingsunterkunft ist immer wieder Zentrum von Gewalt und Polizeieinsätzen. Wenn man die Ohnmacht des Rechtsstaates Deutschland beobachten will, ist Suhl der geeignete Ort dafür.

Oberbürgermeister Knapp hat sich immer wieder mit Bürgereingaben beschäftigt, endlich für Abhilfe bei den unzumutbaren Zuständen in der Einrichtung zu sorgen. Er hat sich an zuständige Stellen der Landesregierung gewandt, ohne dass etwas Gravierendes geändert wurde. Nun hat er gehandelt.

Die Petition, so schreibt der CDU-Politiker, sei „neuer Höhepunkt einer nahezu ungebrochenen und über Jahre anhaltenden Serie von Sachbeschädigungen, Vandalismus, Diebstählen und Einbrüchen im Umfeld der Erstaufnahmeeinrichtung, den anliegenden Wohngebieten und in der Innenstadt. Die betroffenen Anwohner und ihre Familien erlebten gerade in den letzten Monaten eine massive Zunahme von Einbruchsdiebstählen in ihre Wohnungen und Fahrzeuge.“

Knapps erklärtes Ziel: Die Erstaufnahmeeinrichtung in Suhl muss geschlossen werden. Falls Sie unterzeichnen möchten, können Sie das hier




Thüringens CDU setzt weiter auf Mittelmaß

ERFURT – Die CDU Thüringen hat ihre Landesliste für die Bundestagswahl aufgestellt. Die Veranstaltung fand am Samstag in der Messe Erfurt statt. Als Spitzenkandidat wurde der Landesvorsitzende Christian Hirte mit 72,5 Prozent gewählt. Hirte schwor die Teilnehmer darauf ein, dass Deutschland und Thüringen im September vor einer Richtungsentscheidung stehen. Dabei müsse die CDU alle mit ins Boot holen: „Den meisten Menschen geht es darum, wie sie ihre Rechnungen bezahlen, sich ein Haus leisten und ihren Kindern die beste Ausbildung ermöglichen können.“ Dafür müsse die Union „die entscheidende politische Kraft in Deutschland bleiben.“

Auf Platz zwei folgt Antje Tillmann (80,5 %), finanzpolitische Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Platz drei belegt Volkmar Vogel (91,2 %), parlamentarischer Staatssekretär im Bundesinnenministerium. Manfred Grund, vor vier Jahren auf dem ersten Listenplatz, hatte sich selbst dafür ausgesprochen, Christian Hirte als Zeichen für die Zukunft ganz oben zu platzieren und tritt nun auf Platz vier an.

Der frühere Landesvorsitzende Mike Mohring, der in Weimar für den Bundestag kandidiert, wurde von der Voigt/Hirte-CDU auf einen beschämenden siebten Platz platziert und muss in Weimar seinen Wahlkreis direkt gewinnen. Die Platzierung zeitg deutlich, wie tief die Gräben in der Thüringer CDU inzwischen sind – politisch wie persönlich.

Überhaupt nicht auf der Landesliste steht der frühere Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz Hans-Georg Maaßen, der im Wahlkreis 196 Schmalkalden direkt für die CDU antritt. Die Landes- und Bundes-CDU hatte alles versucht, um Maaßens Kandidatur und besonders seine Aufstelung zu verhindern, die er jedoch mit über 80 Prozent der CDU-Basis locker errang. Maaßen gilt inzwischen als einer der markantesten konservativen Köpfe in der CDU überhaupt.




Wegen Volksverhetzung: Hausdurchsuchung beim AfD-Landesvorsitzenden Björn Höcke

Im Zuge von Ermittlungen wegen Volksverhetzung ist das Wohnhaus des Thüringer AfD-Landesvorsitzenden Björn Höcke durchsucht worden. Das bestätigte ein Sprecher der zuständigen Staatsanwaltschaft Mühlhausen.Zuvor hatten Zeitungen der Funke Mediengruppe online über den Polizeieinsatz vor einigen Tagen im Wohnort Höckes im Landkreis Eichsfeld berichtet.

Die Staatsanwaltschaft beschäftigt sich seit fast einem Jahr mit Vorwürfen gegen den AfD-Fraktionsvorsitzenden des Thüringer Landtags – unter anderem wegen Äußerungen gegen die Seenotretterin Carola Rackete, die Höcke in sozialen Medien verfasst haben soll. Die Durchsuchung solle Erkenntnisse über die Urheberschaft der Äußerungen liefern, sagte der Behördensprecher.

Höcke steht im Verdacht ein Bild von Rackete gepostet zu haben mit der Zeile: «Ich habe Folter, sexuelle Gewalt, Menschenhandel und Mord importiert». Er könnte damit eine bestimmte Menschengruppe – Flüchtlinge – pauschal als Kriminelle stigmatisiert haben, so der Verdacht der Staatsanwaltschaft.

Damit offiziell staatsanwaltschaftliche Ermittlungen gegen Höcke aufgenommen werden konnten, hob der Justizausschuss des Landtags im Dezember vergangenen Jahres seine Immunität auf.

Höcke ist auch der Gründer des später als erwiesen rechtsextrem eingestuften «Flügels» der Partei. Die Gruppierung ist zwar inzwischen formal aufgelöst, doch nach Ansicht des Landesverfassungsschutzes haben sich Programmatik und Personenpotenzial des «Flügels» im AfD-Landesverband fortgesetzt. Bundesverfassungsschutzchef Thomas Haldenwang hatte Höcke als Rechtsextremisten bezeichnet.

Vergangene Woche war zudem bekannt geworden, dass der Thüringer Verfassungsschutz inzwischen den AfD-Landesverband unter Höckes Führung als gesichert extremistisch eingestuft hat.




„Gesichert extremistisch“: Verfassungsschutz überwacht offiziell die AfD in Thüringen

Die Thüringer AfD unter ihrem Chef Björn Höcke wird vom Landesverfassungsschutz inzwischen als gesichert extremistisch eingestuft. Es lägen «Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung» vor, heißt es in einer Vorlage, die nach Teilnehmerangaben in einer Sitzung im Thüringer Kabinett besprochen wurde.Die Einstufung des Landesverbandes durch den Thüringer Verfassungsschutzpräsidenten sei bereits Mitte März formal in Kraft gesetzt worden.

Der Präsident des Landesverfassungsschutzes, Stephan Kramer, bestätigte nach Rücksprache mit dem Thüringer Innenministerium die Kabinettsbefassung, wollte sich aber zu den Inhalten nicht weiter äußern, weil es mit Blick auf die geplante Landtagswahl im Herbst eine «gesteigerte Neutralitätspflicht» gebe. Zuvor hatte das «Freie Wort» darüber berichtet.

In Thüringen soll am 26. September ein neuer Landtag gewählt werden, zuvor muss sich aber das Parlament noch auflösen.

Höcke war Gründer des später als rechtsextrem eingestuften «Flügels» der AfD. Der Bundesverfassungsschutzchef Thomas Haldenwang bezeichnete Höcke als Rechtsextremisten. Inzwischen ist der «Flügel» formal aufgelöst.

Der Landesverfassungsschutz hat die Thüringer AfD schon länger auf dem Schirm. Bereits im März 2020 stufte die Behörde den gesamten Landesverband als Verdachtsfall ein.

Der Landessprecher der AfD Thüringen, Stefan Möller, sagte laut Mitteilung: «Die Thüringer sehen täglich, wer die Grundrechte tatsächlich schleift. Sie wissen auch, dass sich die AfD Thüringen als einzige Partei kompromisslos, aber friedlich gegen diesen monatelangen Ausnahmezustand engagiert.»

Auch in Brandenburg, Sachsen und Sachsen-Anhalt werden die jeweiligen Landesverbände der AfD inzwischen als Verdachtsfall eingestuft. Das bedeutet, dass auch hier nachrichtendienstliche Mittel eingesetzt werden dürfen, beispielsweise Observation oder das Sammeln von Informationen über sogenannte V-Leute. Das sind Informanten aus einem bestimmten Milieu.

Die Kategorie Verdachtsfall kennen aber nicht alle Bundesländer. In Bayern wird sie beispielsweise nicht verwendet. Die Landesämter für Verfassungsschutz arbeiten auf Grundlage von Landesgesetzen und können auch intern andere Regelungen getroffen haben. So führen etwa einige Länder auch Gruppierungen, die als «Verdachtsfall» eingestuft werden, in ihren Jahresberichten auf, andere nicht.

Auf Bundesebene darf das Bundesamt für Verfassungsschutz die AfD bis zum Abschluss eines Eilverfahrens vor dem Kölner Verwaltungsgericht nicht als rechtsextremistischen Verdachtsfall einordnen und beobachten. Die AfD hatte sich noch vor einer möglichen Einstufung als Verdachtsfall vorsorglich an das Gericht gewandt, um diese zu verhindern.




Weimarer Urteil „kassiert“: Was macht Richter Dettmars Urteil eigentlich so gefährlich?

von MARTIN D. WIND

WEIMAR – Als „offensichtlich rechtswidrig“ beurteilt das Verwaltungsgericht Weimar noch recht selbstsicher und erkennbar im Vollbesitz der „höheren Gewalt“ gegenüber dem Urteil eines Amtsrichters, der sich die Mühe gemacht hatte, ein umfänglich begründetes Urteil zu sprechen. Fürs Erste ist demnach das Urteil von Christian Dettmar „kassiert“, wie man das so schön sagt. Ob diese „Offensichtlichkeit“ so zu halten sein wird, ist fraglich. Immerhin könnte eine übergeordnete Instanz diesem vor Selbstbewusstsein strotzenden Verwaltungsgericht sein Urteil mit ebenso selbstherrlicher Begründung um die Ohren schlagen. „Offensichtlich“ – ist das überhaupt ein juridischer Begriff in einem Urteil? Aber worum geht es?

178 Seiten Begründung eines Rechtsbeschlusses (Az.: 9 F 148/21) – und dennoch diskutiert Deutschland nicht den Inhalt. Deutschland ventiliert hingegen die Posse die daraus gemacht wird. Denn Ende April hat der Thüringer „Minister für Migration, Justiz und Verbraucherschutz“, Dirk Adams (Bündnis 90/Die Grünen), sein Haus in Bewegung gesetzt und das Büro, das Eigenheim, die Garage und das Auto durchsuchen sowie das Handy und den Computer von Richter Christian Dettmar beschlagnahmen lassen. Der öffentlich verlautete Vorwurf: Rechtsbeugung.

Rechtsbeugung ist als Vorwurf gegenüber einem Richter eines deutschen Gerichtes natürlich starker Tobak. Da geht es um Rechtsverständnis, Berufsethos und persönliche Ehre auf der einen Seite und um Politik auf der anderen Seite. Was macht Dettmars Urteil nun so „gefährlich“, dass man sich seitens der Politik genötigt fühlt, ihm schlicht die Kompetenz und Zuständigkeit für diesen Beritt abzusprechen und so öffentlichkeitswirksam gegen ihn vorzugehen. Immerhin hat man sich ja nicht zusammengesetzt, miteinander Kaffee getrunken und die Sache debattiert. Nein, es wurden polizeiliche Durchsuchungstrupps in Marsch gesetzt, die bei diesem Mann selbst in die Privatsphäre eingefallen sind.

Schaut man sich dann an, was genau Grundlage dieses Ermittlungsverfahrens und Durchsuchungsbeschlusses ist, dann kommt man als Normalbürger nicht umhin festzustellen, dass das wohl eher eine Geschmacksfrage der rabulistischen Gourmets unter den Juristen sein wird. Da wird man sich mit spitzem Mündchen darüber austauschen, ob es sich hier nun um eine Heidel/Blau- oder eine Rauschbeere handeln mag – und abschließend könne man das so dann doch eventuelle gar nicht sagen. Bei aller Ironie bleibt eben einfach die Frage: War dieser Familienrichter befugt, Schulen die per politischer Anweisung verfügten Maßnahmen gegenüber Kindern, zu untersagen. War diese „Familienrichter“, der bei seinen Urteilen immer das Kindswohl im Auge haben muss, gesetzlich berechtigt, in Verwaltungsvorgaben einzugreifen und sie zurückzuweisen?

Immerhin hat dieser Richter das aus dem Bundeskanzleramt verfügte Verdikt des Maskentragens in geschlossenen Räumen in Frage gestellt, ja sogar das Abstandhalten als bei Kindern nicht notwendig erachtet. Er tat das nicht aus einem Bauchgefühl heraus. Er hat sich Gutachter für seine Urteilsbegründung herangezogen, die die obrigkeitlichen Maßnahmen massiv in Frage stellen. Man mag das kaum glauben, wenn man dem Karussell der Wanderpokale unter den „Seuchenexperten“ in den Talkshows der öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten anschaut. Dieses gebührenfinanzierte Theater präsentiert uns mit stupender Einfältigkeit, Abend für Abend die selben Wortspender, die mit ermüdender Regelmäßigkeit das berühmt-berüchtigte „Narrativ“ der Bundesregierung bedienen. Und dann kommt da so ein Amtsgerichts-Amtsrichter daher und zweifelt auf 178 Seiten an der abschließenden Wahrheit und Weisheit einer Bundesregierung? Das geht mal gar nicht!

Man muss sich einfach vor Augen halten, was das bedeuten könnte: Ein Amtsrichter weist die Politik mit deren, aus seiner Sicht offenbar nicht tragfähigen Begründung ihrer Ausnahmezustands-Verfügungen, zurück. Er weist sie in die Schranken und sagt deutlich: „So nicht!“ Er tut also das, was auch Aufgabe der Justiz in Deutschland ist oder wäre. Dabei hatte man sich doch in politischen Kreisen schon recht gut wahrnehmbar auf dieses Instrumentarium des Katastrophenszenarien-Regiments gefreut: Immerhin wartet ja hinter den nächsten Corona-Welle der Klimanotstand. Einer solchen Insubordination muss daher mit aller Härte begegnet werden. Und so wurde dann eben auch von Herrn Adams und seinem Ministerium prompt gehandelt.

Es mag – medial befeuert – den Regierenden in Thüringen und den Politiakrobaten in Berlin eine Atempause verschaffen, dass derzeit mehr über die Hausdurchsuchung als über die Beurteilung einer Krankheit gegeifert wird. Aber am Ende werden die Gutachten beurteilt werden müssen, die Richter Christina Dettmar zur Urteilsbegründung herangezogen hat. Und eventuell kann er ja aufgrund der Dramatik der in den Gutachten angeführten wissenschaftlichen Fakten sogar einen „Gefahr im Verzug“ für seinen Richterspruch anführen. Schlägt nicht die Nothilfe gesetztes Recht? Lässt sie auch „mal fünfe grade“ sein? Darf man nicht mit einem Verletzten bei Rot über Ampeln brettern, wenn der organisierte Rettungsdienst schlicht zu lange auf sich warten ließ und man einen Eigentransport vornehmen muss?

Es bleibt demnach zu hoffen, dass inhaltlich auf die 178 Seiten der gutachterlichen Begründung des Urteils gegen die Maßnahmen gegenüber Kindern an Schulen in Thüringen verhandelt werden muss. In Bayern gibt es derzeit einen ähnlichen Fall einer Richterin, die sich von der Politik ihre Richterfreiheit und die Unabhängigkeit der Justiz nicht beschneiden lassen will. Es wird spannend und es bleibt zu hoffen, dass die Verhandlungen – die in Deutschland ja derzeit noch offen sein sollen – möglichst bald und noch vor der Bundestagswahl im September beginnen. Und man darf hoffen, dass es an den Gerichten noch Juristen gibt, die nicht auf ihre Beförderung schielen, sondern dem Gesetz zur Geltung verhelfen, indem sie das gesetzte Recht vor den unappetitlichen Begehrlichkeiten der Politik schützen.




Ist ein Justizminister noch tragbar, der gemeinsam mit Linksextremisten demonstriert?

 von CHRISTIAN KOTT

ERFURT – Inmitten der vielen Meldungen über randalierende Plünderer und organisierten Vandalismus rund um die alljährlichen „Demonstrationen“ anlässlich des 1. Mai kursiert ein Foto durch das Netz, das wirklich Besorgnis auslösen muss. Darauf ist der Thüringer Justizminister  Dirk Adams auf einer 1.Mai-Demo in Erfurt zu sehen, wie er sich vor einer (allerdings von einer anderen, unbekannten Person) geschwenkten, riesigen Antifa-Fahne ablichten lässt. Auf dem Foto ist außerdem die grüne Fraktionschefin im Landtag, Astrid Rothe-Beinlich zu sehen. 

So weit, so üblich. Denn Grüne haben schon lange keinerlei Berührungsängste mehr, sich offen zu der linksextremen Schlägertruppe zu bekennen. Führende Europaabgeordnete wie Ska Keller zum Beispiel lassen sich im Plenarsaal des Europaparlaments stolz wie ein Teletubbie mit der Flagge der „Antifaschistischen Aktion“ fotografieren.

Gegen Antifaschismus, so wird mancher sagen, wird nun wirklich nichts einzuwenden sein. So gut wie niemand fände es verwerflich, Faschismus zu bekämpfen. Damit hat die Antifa aber allenfalls als Vorwand und am Rande zu tun. Tatsächlich handelt es sich um dezentral organisierte, linksextremistische Gruppierungen, deren Mittel im politischen Kampf Gewalt, Sachbeschädigung, Brandstiftung und vor allem Straßenschlachten mit der Polizei sind. Deutschlandweit beobachtet der Verfassungsschutz 47 regionale Antifa-Gruppen als klar linksextremistisch. In Städten wie Berlin, Hamburg und Leipzig beherrschen die schwarzvermummten Sturmabteilungen ganze Stadtviertel, in denen öffentliche Ordnung und Gegenwart von Polizisten nicht toleriert wird.

Alles bekannt. Was ist nun so besonders daran, wenn der Grüne Dirk Adams sich auf Demonstrationen tummelt, auf der die Fahnen dieser Gruppe geschwenkt werden?

Ganz einfach: Dirk Adams ist in Thüringen auch Justizminister und damit zuständig dafür, den Staat und die verfassungsmäßige Ordnung zu schützen. In dieser Funktion ist es inakzeptabel, wenn auch bezeichnend, sich mit den Fahnen einer offiziell als verfassungsfeindlich eingestuften Organisation ablichten zu lassen. Stellen wir uns nur einmal für eine Sekunde vor, der Justizminister irgendeines Bundeslandes ließe sich auf einem Rudolf-Heß-Gedenkmarsch ablichten, wo zwei Meter hinter ihm die Fahne einer rechtsextremistischen, verfassungsfeindlichen Organisation geschwenkt wird. Da wäre etwas los…

Hinzu kommt: In Thüringen wird in wenigen Monaten neben der Bundestagswahl auch ein neuer Landtag gewählt. Wer bislang davon ausgegangen war, dass es diesmal modern ist, Grün zu wählen, weil die ja so ökologisch und bestimmt irgendwie gut fürs Klima sein sollen, muss in Kauf nehmen, dass es das fragwürdige Klimaschutzprogramm der Grünen nun einmal nicht ohne die Kröte des Linksextremismus, der in dieser Partei nicht nur vereinzelt sondern auch ganz oben verbreitet ist, gibt. Nicht jeder Grüne ist ein ungefährlicher Pragmatist wie Boris Palmer oder der harmlose Winfried Kretschmann. Solche Grüne sind eher die Ausnahme, wie man daran erkennt, dass gerade Boris Palmer wegen seiner ideologiefreien Haltung ständig mit Parteiausschluß gedroht wird.

Ein Justizminister ist nicht irgendein Verwaltungsjob, in dem Verfassungsfeinde keinen Schaden anrichten könnten. Insbesondere die Landesjustizminister können über Vorschlag und Ernennung von Generalstaatsanwälten, Weisungen an die Staatsanwaltschaften und die Organisation des Justizwesens erheblichen Einfluss auf die Rechtsordnung und das Funktionieren des Rechtsstaates nehmen ohne dass dies einer weiteren parlamentarischen Kontrolle unterliegt. Es ist unerträglich und vor allem gefährlich, wenn jemand in einem solch wichtigen Amt auf einer Demonstration anzutreffen ist, auf der die Fahne verfassungsfeindlicher Organisationen geschwungen wird.

 

Sollte sich Dirk Adams tatsächlich am 1.Mai mit der Antifa demonstriert haben, wie das Foto nahe legt, dann ist er als Justizminister nicht zu halten. Aber in einer Zeit, in der man für einfach gar nichts mehr zurücktreten muss wird er sich für die paar Monate bis zur Landtagswahl wohl einfach nicht rühren. Was dann aus ihm wird, das bestimmt der Wähler in Thüringen.




86 Prozent, und die Thüringer CDU ruft dazu auf, Maaßens Wahl zu „respektieren“?

Thüringens CDU-Generalsekretär Christian Herrgott hat dazu aufgerufen, die umstrittene Nominierung von Ex-Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen durch vier CDU-Kreisverbände zu respektieren. Eine ausgesprochen seltsame Wortwahl für jemanden, der gerade mit 86 Prozent der Stimmen von der Basis zum Kandidaten gewählt worden ist.«Natürlich gibt es kritische Stimmen zu Maaßen. Aber es zeichnet eine Volkspartei aus, dass ein breites Spektrum an Meinungen und Kandidaten möglich ist», sagte Herrgott zur Nominierung des ehemaligen Spitzenbeamten als Direktkandidaten für die Bundestagswahl in Südthüringen.Maaßens Wahl mit 86 Prozent der Stimmen am Freitagabend in Suhl stieß bei SPD, Grünen und Linken, aber auch innerhalb von CDU und CSU auf Kritik, Unverständnis und Ablehnung.

Maaßen habe sich bei seiner Vorstellung in Südthüringen, aber auch in seiner Bewerbungsrede deutlich von der AfD distanziert, sagte Herrgott. Die AfD in Thüringen mit ihrem Partei- und Fraktionsvorsitzenden Björn Höcke bewege sich «jenseits des demokratischen Spektrums. Wir arbeiten nicht mit der AfD zusammen, auch in Zukunft nicht», betonte der CDU-Generalsekretär. Die Landes-CDU erwarte von Maaßen, dass er den Unions-Kanzlerkandidaten Armin Laschet bei der Bundestagswahl unterstütze.

Der ehemalige Verfassungsschutzchef ist vor allem wegen seiner Haltung zur Flüchtlingspolitik der Bundesregierung umstritten. Er war 2018 aus seinem Amt entlassen worden, weil er die Bundeskanzlerin wahrheitsgemäß darauf hingewiesen hatte, dass es die von ihr erwarteten „Hetzjagden“ gegen Ausländer nicht gegeben hatte. Der Wahlkreis 196 in Südthüringen wurde frei, nachdem der angestammte Kandidat Mark Hauptmann im Zuge der Maskenaffäre sein Bundestagsmandat niederlegte und aus der CDU austrat.