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Laschet verteidigt Thüringer CDU-Fraktion

Der Kanzlerkandidat der Union, Armin Laschet, hat nach der Abstimmung des Misstrauensvotums im Thüringer Landtag Partei für die Thüringer CDU-Fraktion ergriffen.

Der Thüringer Fraktionsvorsitzende habe «eine knallharte Rede der Abgrenzung gegen die AfD gehalten», sagte der CDU-Chef im Sommerinterview des ZDF. «Das Signal von Mario Voigt war glasklar: Mit denen reden wir nicht, mit denen kooperieren wir nicht, mit denen verhandeln wir nicht – wir gehen nicht mal auf deren Spiele im Landtag ein.»

Das Landesparlament entschied am Freitag über ein Misstrauensvotum, das die AfD-Fraktion gegen Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) anstrengte. Die Fraktionen von Linke, SPD, Grüne und FDP stimmten geschlossen mit Nein. Die CDU-Abgeordneten blieben wie angekündigt auf ihren Plätzen sitzen und stimmten nicht mit ab – was ihnen bereits im Vorfeld viel Kritik eingebracht hatte.

«Ich bedaure sehr, dass Rot-Rot-Grün das Versprechen nicht eingehalten hat, dass wir zu Neuwahlen kommen. Das wäre in Thüringen der beste Weg gewesen», sagte Laschet. Mit dem Misstrauensvotum habe der Thüringer AfD-Politiker Björn Höcke jedoch die parlamentarische Demokratie vorführen wollen. Als Fraktion zu sagen «Wir machen euer Spiel hier im Landtag nicht mit», sei legitim. Laschet habe dennoch Respekt, «wenn andere sagen, wir machen das mit einer Nein-Stimme».

Auf die Frage, ob er sich wünsche, dass der CDU-Bundestagskandidat Hans-Georg Maaßen nicht gewählt worden sei, sagte Laschet: «Unser Recht sieht es so vor, dass im Wahlkreis selbst entschieden wird, wer der Kandidat ist. Und ich finde, das muss man respektieren, auch wenn man viele Positionen nicht teilt.»

Notizblock




Alle starren gebannt darauf, was die AfD macht – um dann unbedingt dagegen zu sein

von SIMONE ROTHE

ERFURT – «Was macht die AfD? Was den größtmöglichen Schaden anrichtet» – ist fast schon ein geflügeltes Wort im Thüringer Landtag.

An diesem Freitag ist es wieder so weit: Das Dauerduell von AfD-Rechtsaußen Björn Höcke (49) gegen den Linke-Ministerpräsidenten Bodo Ramelow (65) geht in die nächste Runde. Höcke tritt – anders als bei der Ministerpräsidentenwahl im März 2020 – nicht direkt gegen seinen Lieblingsgegner an. Er nutzt einen Passus in der Verfassung – das konstruktive Misstrauensvotum.

Damit «wollen wir die formalen Voraussetzungen dafür schaffen, die gescheiterte Minderheitskoalition von Bodo Ramelow zu beenden», formuliert die AfD-Fraktion als Ziel ihrer Aktion. «Der Parlamentarismus lebt davon, dass die Opposition regieren will», meint Höcke. Ramelow samt seiner rot-rot-grünen Regierung wäre gestürzt, sollte Höcke mit mindestens 46 Stimmen zum Ministerpräsidenten gewählt werden.

Warum das Spektakel bei geringer Aussicht auf Erfolg?

Höckes Chancen? Sie gehen gegen Null – weil außer der AfD keine andere Fraktion zustimmen will. Warum dann das Spektakel, genau eine Woche nachdem in Thüringen die eigentlich für September geplante Landtagswahl abgeblasen wurde?

«Die AfD benutzt den Landtag. Es geht ihr um Tabubruch, um größtmögliche Verunsicherung und darum, Thüringen und die parlamentarische Demokratie lächerlich zu machen. Eine andere Rolle der AfD kann ich nicht erkennen», sagt die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Astrid Rothe-Beinlich.

Seit der Landtagswahl 2019 stellt die AfD die zweitstärkste Fraktion mit 22 von 90 Abgeordneten. Immer wieder beeinflusst die vom Thüringer Verfassungsschutz wegen rechtsextremer Tendenzen beobachtete Partei Landtagsentscheidungen weit stärker, als es ihre faktische Stärke zulassen würde. Höcke, der als Fraktionschef Regie führt, gilt als Mitgründer des inzwischen formal aufgelösten und vom Bundesamt vom Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuften «Flügels» der AfD – er ist damit für keine andere Fraktion akzeptabel bei der Mehrheitsfindung.

Politikwissenschaftler wie der Erfurter André Brodocz und der Jenaer Torsten Oppelland sehen den Landtag in einem Dilemma angesichts der schwierigen Verhältnisse: Ramelows Koalition aus Linke, SPD und Grünen, der vier Stimmen fehlen, und die beiden Oppositionsfraktionen CDU und FDP haben es mit einer großen AfD-Fraktion zu tun – die damit indirekt viel Einfluss hat. «Die einzigen, die derzeit eine Mehrheit bilden könnten, sind Parteien – Linke und CDU oder gar AfD – die nicht kompatibel sind», beschreibt Oppelland die Lage. Die AfD habe auch Macht, «weil die anderen Fraktionen ihr Handeln von ihr abhängig machen», sagt Brodocz.

Im Juli versetzte die Höcke-Fraktion den Landtag in Erfurt regelrecht in Dauerstress. Im ersten Akt ging es um den Vorsitz in Untersuchungsausschüssen. Die AfD wollte einen zu Treuhand-Entscheidungen in den 1990er Jahren, die CDU einen, der aktuelle Fälle politisch motivierter Gewalt untersucht.

Die AfD zog ihren Antrag zurück – und hatte damit plötzlich als zweitstärkste Fraktion Anspruch auf den Vorsitz ausgerechnet in einem Ausschuss, der sich mit extremistischen Tendenzen befassen soll. CDU-Fraktionschef Mario Voigt warf der AfD Tricksereien vor und reagierte mit einem taktischen Manöver: Die CDU beantragte einen Treuhandausschuss, den sie eigentlich gar nicht wollte. Mit den Folgen musste sich der Landtag am Donnerstag befassen.

Der zweite Akt: Bei der geplatzten Landtagsauflösung vor einer Woche spielte die Angst, AfD-Stimmen könnten letztlich den Ausschlag geben, ebenfalls eine entscheidende Rolle. Das Parlament könne nicht mit einer Partei aufgelöst werden, «der die parlamentarische Demokratie verhasst ist», begründete der Fraktionsvorsitzende der Linken, Steffen Dittes, den Rückzieher.

Der dritte Akt folgt an diesem Freitag und sorgt bereits für umstrittene Reaktionen: Die CDU-Faktion entschied sich, beim Misstrauensvotum gegen Ramelow passiv zu bleiben und die Stimmabgabe zu verweigern.

FDP-Fraktion will «Höcke definitiv nicht wählen»

«Mit seiner Kandidatur versucht Björn Höcke einmal mehr, dieses Parlament verächtlich zu machen. Deshalb werden wir uns auf die durchschaubaren Spiele der AfD nicht einlassen», so ihr Fraktionsvorsitzender Voigt. «Das demokratische Signal wird dadurch schwächer», befürchtet SPD-Chef Georg Maier. Einige bei Rot-Rot-Grün glauben, Voigt wolle nicht riskieren, dass bei mehr als 22 Stimmen für Höcke in der geheimen Abstimmung die Stimmen bei der CDU verortet werden könnten. Im Gegensatz zur CDU will sich die FDP an der Abstimmung beteiligen. «Wir werden Herrn Höcke definitiv nicht wählen», kündigte FDP-Fraktionschef Thomas Kemmerich an.

Und was sagt der, um den es bei dem Misstrauensantrag, den Paragraf 73 der Verfassung vorsieht, eigentlich geht? Ramelow gibt sich staatsmännisch: «Es steht der Opposition zu – und in diesem Fall auch der AfD – einen Antrag nach Artikel 73 zu stellen.» Er gehe davon aus, dass das Parlament souverän damit umgehen werde, so Ramelow.




Die AfD bringt ein Misstrauensvotum gegen Bodo Ramelow ein

Die AfD will Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) und dessen rot-rot-grüne Minderheitsregierung über ein Misstrauensvotum stürzen.Als Reaktion auf die geplatzte Neuwahl des Landtags reichte die AfD-Fraktion nach eigenen Angaben am Montag den Antrag auf ein konstruktives Misstrauensvotum ein. Gegen Ramelow (65) will Fraktionschef Björn Höcke für das Amt des Ministerpräsidenten antreten. Der 49-Jährige wurde vom Verfassungsschutz als Vertreter des aufgelösten rechtsextremen Flügels der AfD eingestuft.

Die Wahlaussichten von Höcke sind gering – die Oppositionsfraktionen CDU und FDP machten deutlich, dass sie den AfD-Rechtsaußen nicht wählen werden. «Wir werden uns auf die durchschaubaren Spiele der AfD nicht einlassen», erklärte die CDU. Thüringen brauche kein «fadenscheiniges Polit-Theater, das sich als konstruktives Misstrauensvotum tarnt», erklärte FDP-Fraktionschef Thomas Kemmerich. Dafür stände die FDP nicht zur Verfügung. Die AfD stellt die zweitgrößte Fraktion im Landtag. Sie verfügt aber nur über 22 der 90 Stimmen im Parlament in Erfurt.

Der thüringischen Verfassung zufolge kann der Landtag in Erfurt dem Ministerpräsidenten «das Misstrauen nur dadurch aussprechen, dass er mit der Mehrheit seiner Mitglieder einen Nachfolger wählt». «Den Antrag kann ein Fünftel der Abgeordneten oder eine Fraktion einbringen», heißt es in Paragraf 73. Zwischen Antrag und Wahl müssen mindestens drei und dürfen höchstens zehn Tage liegen. Die Abstimmung ist geheim. Offen ist, ob es bereits in der Landtagssitzung in dieser Woche dazu kommt.

Ramelow ist bundesweit der einzige Ministerpräsident, der der Linken angehört. Derzeit führt er eine rot-rot-grüne Minderheitskoalition, der vier Stimmen im Landtag für eine eigene Mehrheit fehlen. Sie war bisher auf Stimmen der CDU-Fraktion angewiesen. Der so genannte Stabilitätspakt zwischen Rot-Rot-Grün und der CDU soll mit der parlamentarischen Sommerpause auslaufen.

Die CDU-Fraktion erläuterte: «Es ist offensichtlich, dass der Landtag niemanden wie Björn Höcke zum Ministerpräsidenten wählt, der vom Verfassungsschutz als rechtsextremistischer Beobachtungsfall geführt wird.» Der Versuch der AfD, das Parlament erneut vorzuführen, resultiere daraus, dass die Linke «die Abstimmung über die Auflösung des Thüringer Landtags vereitelt hat», so der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU, Andreas Bühl.

Die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Astrid Rothe-Beinlich, schrieb auf Twitter: «Faschist #Höcke im Größenwahn. Jetzt will er #MP werden. Da gibt es nur eins: Sag Nein.» Sie nannte den AfD-Antrag eine Provokation. Höcke war gegen Ramelow bereits bei der Ministerpräsidentenwahl im März 2020 angetreten, hatte dann aber im dritten Wahlgang zurückgezogen.

Die AfD-Fraktion nannte hingegen als Ziel: «Mit dem von uns beantragten konstruktiven Misstrauensvotum wollen wir die formalen Voraussetzungen dafür schaffen, die gescheiterte Minderheitskoalition von Bodo Ramelow zu beenden.» Sie sei für Kandidaten auch anderer Fraktionen offen, «die einen Neustart in Thüringen ermöglichen».

Linke und Grüne hatten am Freitag die zusammen mit SPD und CDU beantragte Landtagsauflösung abgesagt, weil die von der Verfassung vorgeschriebene Zweidrittelmehrheit jenseits von AfD-Stimmen unsicher war. Nach dem Debakel bei der Wahl von Kurzzeit-Ministerpräsident Kemmerich im vergangenen Jahr dürfte nicht riskiert werden, dass AfD-Stimmen den Ausschlag auch bei einer vorgezogenen Neuwahl des Parlaments geben könnten.

Damit platzte auch die Landtagswahl, die zusammen mit der Bundestagswahl am 26. September geplant war. Sie sollte für klare Mehrheiten in Erfurt sorgen.




Ungemütliche Zeiten für Ramelow brechen an – Voigt (CDU): Wir sind nicht dafür da, Rot-Rot-Grün an der Macht zu halten

Thüringens rot-rot-grüne Minderheitsregierung von Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) muss nach der geplatzten Landtagswahl für jedes ihrer Projekte im Landtag um Unterstützung der Opposition werben.

CDU-Fraktionschef Mario Voigt sieht seine Fraktion nach der abgesagten Landtagsauflösung, die von Linke, SPD, Grünen und CDU gemeinsam betrieben worden war, nicht als Mehrheitsbeschaffer. «Wir sind nicht dafür da, die Politik einer rot-rot-grünen Minderheitsregierung abzusichern», sagte Voigt in Erfurt.

Die Übergangsvereinbarung mit Rot-Rot-Grün, die die Auflösung des Landtags zum Ziel hatte, laufe mit Beginn der parlamentarischen Sommerpause aus, bekräftigte Voigt. Die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Astrid Rothe-Beinlich, befürchtet dennoch keine Regierungskrise. Der Landesvorstand der Linken rief alle Fraktionen auf, den Einfluss einer extrem rechten AfD auf Parlamentsentscheidungen einzudämmen.

Ramelows Dreierkoalition fehlen vier Stimmen im Landtag – die Legislaturperiode läuft bis 2024. Die AfD mit ihrem Rechtsaußen Björn Höcke an der Spitze stellt nach der Linken die zweitgrößte Fraktion im Parlament in Erfurt.

Die Fraktionsvorsitzende der Grünen forderte die CDU auf, «jetzt nicht nur am Spielfeldrand zu stehen und zu pöbeln». Auch sie müsse Vorschläge machen, wie die Sacharbeit im Landtag fortgesetzt werden könne. Größte Herausforderung sei der Haushalt 2022. «Im Zweifel müssen wir ein Bündnis eingehen mit denen, die Verantwortung übernehmen wollen», sagte Rothe-Beinlich der dpa.

Im Gegensatz zu Rothe-Beinlich rechnet der CDU-Fraktionschef mit wachsenden Problemen für Rot-Rot-Grün im Landtag. «Das ist eine Situation, wo Stillstand drohen kann.» Voigt schloss aber eine punktuelle Unterstützung seiner Fraktion nicht aus, wenn es um politische Vorhaben gehe, die auch die CDU verfolge.

Der Linke-Landesvorstand bekräftigte, er hielt und hält die Neuwahl des Thüringer Landtages für die einzig mögliche politische Reaktion auf den Tabubruch vom 5. Februar 2020, als CDU und FDP zusammen mit der AfD Kurzzeit-Ministerpräsident Thomas Kemmerich (FDP) wählten.




Prozessauftakt um „Landolf Ladig“ dauerte nur 30 Minuten

ERFURT – Eine Verhandlung vor dem Landgericht Erfurt um die wahre Identität des Pseudonyms „Landolf Ladig“ wurde gestern bereits nach einer halben Stunde beendet. Es geht darin um die Frage, hinter wem sich der Autor versteckt, der mehrfach Artikel in einer  NPD-nahen, als rechtsextrem geltenden, Zeitschrift veröffentlicht hatte.

Kläger in dem Prozess ist die Junge Gemeinde Gera, die vermutet, der AfD-Vorsitzende von Thüringen, Björn Höcke“, stecke hinter dem Pseudonym.

Höcke hatte im August 2019 im Sommerinterview mit MDR Thüringen behauptet, der Geburtsort von Landolf Ladig befinde sich in der Jungen Gemeinde Stadtmitte Jena. Die JG hatte das als absurde Falschbehauptung zurückgewiesen. Sie reichte eine Unterlassungsklage gegen Höcke ein.

Höcke war gestern in Erfurt nicht dabei. Eine Sprecherin der AfD-Landtagfraktion, deren Chef Höcke auch ist, sagte dem MDR,  dass sich die Fraktion und Höcke zum Prozessbeginn nicht äußern würden. Einen Verkündungstermin hat das Gericht für den 25. Juni anberaumt.




Wegen Volksverhetzung: Hausdurchsuchung beim AfD-Landesvorsitzenden Björn Höcke

Im Zuge von Ermittlungen wegen Volksverhetzung ist das Wohnhaus des Thüringer AfD-Landesvorsitzenden Björn Höcke durchsucht worden. Das bestätigte ein Sprecher der zuständigen Staatsanwaltschaft Mühlhausen.Zuvor hatten Zeitungen der Funke Mediengruppe online über den Polizeieinsatz vor einigen Tagen im Wohnort Höckes im Landkreis Eichsfeld berichtet.

Die Staatsanwaltschaft beschäftigt sich seit fast einem Jahr mit Vorwürfen gegen den AfD-Fraktionsvorsitzenden des Thüringer Landtags – unter anderem wegen Äußerungen gegen die Seenotretterin Carola Rackete, die Höcke in sozialen Medien verfasst haben soll. Die Durchsuchung solle Erkenntnisse über die Urheberschaft der Äußerungen liefern, sagte der Behördensprecher.

Höcke steht im Verdacht ein Bild von Rackete gepostet zu haben mit der Zeile: «Ich habe Folter, sexuelle Gewalt, Menschenhandel und Mord importiert». Er könnte damit eine bestimmte Menschengruppe – Flüchtlinge – pauschal als Kriminelle stigmatisiert haben, so der Verdacht der Staatsanwaltschaft.

Damit offiziell staatsanwaltschaftliche Ermittlungen gegen Höcke aufgenommen werden konnten, hob der Justizausschuss des Landtags im Dezember vergangenen Jahres seine Immunität auf.

Höcke ist auch der Gründer des später als erwiesen rechtsextrem eingestuften «Flügels» der Partei. Die Gruppierung ist zwar inzwischen formal aufgelöst, doch nach Ansicht des Landesverfassungsschutzes haben sich Programmatik und Personenpotenzial des «Flügels» im AfD-Landesverband fortgesetzt. Bundesverfassungsschutzchef Thomas Haldenwang hatte Höcke als Rechtsextremisten bezeichnet.

Vergangene Woche war zudem bekannt geworden, dass der Thüringer Verfassungsschutz inzwischen den AfD-Landesverband unter Höckes Führung als gesichert extremistisch eingestuft hat.




„Gesichert extremistisch“: Verfassungsschutz überwacht offiziell die AfD in Thüringen

Die Thüringer AfD unter ihrem Chef Björn Höcke wird vom Landesverfassungsschutz inzwischen als gesichert extremistisch eingestuft. Es lägen «Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung» vor, heißt es in einer Vorlage, die nach Teilnehmerangaben in einer Sitzung im Thüringer Kabinett besprochen wurde.Die Einstufung des Landesverbandes durch den Thüringer Verfassungsschutzpräsidenten sei bereits Mitte März formal in Kraft gesetzt worden.

Der Präsident des Landesverfassungsschutzes, Stephan Kramer, bestätigte nach Rücksprache mit dem Thüringer Innenministerium die Kabinettsbefassung, wollte sich aber zu den Inhalten nicht weiter äußern, weil es mit Blick auf die geplante Landtagswahl im Herbst eine «gesteigerte Neutralitätspflicht» gebe. Zuvor hatte das «Freie Wort» darüber berichtet.

In Thüringen soll am 26. September ein neuer Landtag gewählt werden, zuvor muss sich aber das Parlament noch auflösen.

Höcke war Gründer des später als rechtsextrem eingestuften «Flügels» der AfD. Der Bundesverfassungsschutzchef Thomas Haldenwang bezeichnete Höcke als Rechtsextremisten. Inzwischen ist der «Flügel» formal aufgelöst.

Der Landesverfassungsschutz hat die Thüringer AfD schon länger auf dem Schirm. Bereits im März 2020 stufte die Behörde den gesamten Landesverband als Verdachtsfall ein.

Der Landessprecher der AfD Thüringen, Stefan Möller, sagte laut Mitteilung: «Die Thüringer sehen täglich, wer die Grundrechte tatsächlich schleift. Sie wissen auch, dass sich die AfD Thüringen als einzige Partei kompromisslos, aber friedlich gegen diesen monatelangen Ausnahmezustand engagiert.»

Auch in Brandenburg, Sachsen und Sachsen-Anhalt werden die jeweiligen Landesverbände der AfD inzwischen als Verdachtsfall eingestuft. Das bedeutet, dass auch hier nachrichtendienstliche Mittel eingesetzt werden dürfen, beispielsweise Observation oder das Sammeln von Informationen über sogenannte V-Leute. Das sind Informanten aus einem bestimmten Milieu.

Die Kategorie Verdachtsfall kennen aber nicht alle Bundesländer. In Bayern wird sie beispielsweise nicht verwendet. Die Landesämter für Verfassungsschutz arbeiten auf Grundlage von Landesgesetzen und können auch intern andere Regelungen getroffen haben. So führen etwa einige Länder auch Gruppierungen, die als «Verdachtsfall» eingestuft werden, in ihren Jahresberichten auf, andere nicht.

Auf Bundesebene darf das Bundesamt für Verfassungsschutz die AfD bis zum Abschluss eines Eilverfahrens vor dem Kölner Verwaltungsgericht nicht als rechtsextremistischen Verdachtsfall einordnen und beobachten. Die AfD hatte sich noch vor einer möglichen Einstufung als Verdachtsfall vorsorglich an das Gericht gewandt, um diese zu verhindern.




Alle CDU-Augen richten sich auf den Wahlkreis 196 in Südthüringen

Das politische Engagement des früheren Inlandsgeheimdienst-Chefs ist in den Reihen seiner Partei für viele Mitglieder ein Lichtblick. Nicht aber in den Augen vieler Funktionäre im Landesvorstand um den blassen Landeschef Christian Hirte. «Wir hätten gern auf diese Debatten verzichtet», heißt es aus Kreisen der Thüringer CDU. Hirte sagte kürzlich der «Zeit»: «Für die CDU schadet das mehr, als es nutzt.» Eine gewagte These…Kommt mit dem bundesweit bekannten Maaßen der von einigen Südthüringer Kreisverbänden erhoffte Rückenwind im Wahlkampf oder eher die Brise einer toxischen Debatte über die Grenzen der Thüringer CDU nach rechts und ihr Verhältnis zur AfD? Maaßen hat sich stets klar davon distanziert. In einem Interview mit dem «Freien Wort» sagte er gerade: «Es darf keine Zusammenarbeit mit der AfD geben. Ich will antreten, um der AfD Stimmen wegzunehmen.»Manche werfen Maaßen vor, dass er nach der kurzzeitigen Abwahl des  Linke-Politikers Bodo Ramelows als Ministerpräsident gefordert hatte, die CDU müsse einen eigenen Kandidaten für die Ministerpräsidentenwahl aufstellen – und ihn notfalls auch mit Stimmen der AfD wählen lassen: «Da sollte die CDU Manns oder Frau genug sein, zu sagen: Egal wer diesen Kandidaten wählt, Hauptsache es gibt eine Mehrheit.» Etwa einen Monat später verhalf tatsächlich die AfD mit ihren Stimmen dem FDP-Politiker Thomas Kemmerich kurzzeitig zum Ministerpräsidentenamt – und Thüringen stürzte in eine tiefe Regierungskrise. Auch die CDU stimmte damals für Kemmerich.Keine andere Partei hat sich in Thüringen seitdem derart heruntergewirtschaftet wie die CDU – mit neuen Vorsitzenden an den Spitzen von Fraktion und Landesverband. Doch die alten Lager gibt es immer noch. Der Südthüringer CDU-Abgeordnete Michael Heym hatte nach der Landtagswahl 2019 noch dafür geworben, auch mit der AfD über Möglichkeiten einer Regierungsbildung ins Gespräch zu kommen. Im Süden, wo Maaßen das Bundestagsmandat holen will, gelten die Christdemokraten als besonders konservativ.Maaßen, der Mitglied der konservativen Werte-Union ist, hatte bereits im Wahlkampfjahr 2019 in Südthüringen Auftritte. Da war es noch nicht lange her, dass er als Verfassungsschutzpräsident im Jahr 2018 massiv in die Kritik geraten war, weil er gewagt hatte, der Bundeskanzlerin öffentlich bei ihrer Einschätzung von „rechten Hetzjagden“ nach der Tötung eines Deutschen durch zwei Asylbewerber in Chemnitz zu widersprechen. Das kostete ihn politisch den Kopf.Dass er jetzt als Bundeskandidat für vier Kreisverbände in Südthüringen im Gespräch ist, hat auch mit einem anderen Problem der CDU im Freistaat zu tun: Ihr früherer Bundestagsabgeordneter Mark Hauptmann schied als Kandidat aus und ist inzwischen aus der CDU ausgetreten. Ihm wird vorgeworfen, in umstrittene Geschäfte mit Corona-Schutzmasken verwickelt zu sein. Die Thüringer Generalstaatsanwaltschaft ermittelt wegen des Verdachts der Bestechlichkeit. Hauptmanns Platz im Wahlkreis 196 wurde damit frei. Nun hat die CDU die Chance, mit einem Votum für Maaßen wieder einen Schritt aus der Krise zu wagen.

Aus Kreisen des CDU-Landesverbandes heißt es, einige der dortigen Christdemokraten hofften wohl, mit Maaßen im Wahlkampf einen unbelasteten Kandidaten präsentieren zu können – und zugleich jemanden, der bundesweit bekannt ist. Das Umfeld sei nicht einfach. Die SPD schickt den Ex-Biathlontrainer und Olympiasieger Frank Ulrich ins Rennen, der anders als der Rheinländer Maaßen aus der Region stammt. Für die Linke will der stellvertretende Chef des DGB-Bezirks Hessen-Thüringen kandidieren. Zur Bundestagswahl schickt natürlich auch die  in Thüringen starke AfD einen Kandidaten ins Rennen. Nach einem heftigen Machtkampf hinter den Kulissen zog Anton Friesen seine erwartete Kandidatur „um der innerparteilichen Einigkeit“ willen zurück. Gewählt wurde als einziger Kandidat der Sonneberger Kreistags-Fraktionsvorsitzende Jürgen Treutler (70).

 

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Corona hält den Freistaat in Atem: Landtagswahl im April immer unwahrscheinlicher

von KLAUS KELLE

ERFURT – Wird am 25. April in Thüringen ein neuer Landtag gewählt? Danach sieht es immer weniger aus. Im ZDF-„heute journal“ sagte Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) jetzt: „Wir haben 30.000 Wahlhelferinnen und Wahlhelfer, die wir schützen müssen.“ Und weiter: „Wenn im Januar, Februar keine Bewegung ist, dann werden wir auch das mitentscheiden müssen.“ Doch es ist Bewegung, nur leider in die völlig falsche Richtung was Neuinfektionen und Impfungen angeht.

Es spricht nicht mehr viel dafür, ausgerechnet in dieser Zeit die Bürger Thüringens zu den Wahlurnen zu rufen. Zumal auch ein echter Wahlkampf praktisch nicht möglich ist. Die beiden ersten Landtagswahlen 2021 werden bereits Mitte März in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz stattfinden. Ein reiner Geisterwahlkampf ohne Veranstaltungen mit physisch anwesenden Wählern und ohne Infostände in Fußgängerzonen. Die Kampagnen aller Parteien finden rein im Internet statt.

In Thüringen ist der Druck auf die Regierenden hoch, denn die etablierten Parteien hatten den Bürgern im Freistaat nach den beschämenden Ereignissen im Februar vergangenen Jahres schnelle Neuwahlen versprochen. Am 5. Februar 2020 war der FDP-Politiker Thomas Kemmerich damals im dritten Wahlgang offenbar mit den Stimmen von CDU, AfD und FDP zum neuen Ministerpräsidenten gewählt worden und hatte die Wahl angenommen. Was dann folgte, ist ein Lehrstück darüber, wie auch heute in einem demokratischen Rechtsstaat der Bürgerwille durch brutale Machtpolitik ausgehebelt werden kann. Die Kanzlerin ruft aus Südafrika an und fordert, dass die Wahl Kemmerichs „rückgängig“ zu machen sei – wie in einer Bananenrepublik. Und was passiert? Statt eines empörten Aufschreis der Bevölkerung und der Parteien, vollziehen alle Merkels „Wunsch“. Thomas Kemmerich und seine Familie stehen unter Polizeischutz, werden massiv von Medien und der politischen Linken unter Druck gesetzt. Schließlich knickt FDP-Chef Christian Lindner vor der Kanzlerin ein und bringt Kemmerich dazu, seinen Rücktritt zu erklären. Dann sorgt ausgerechnet die CDU, die sich gern als „Partei der Deutschen Einheit“ feiern lässt, dazu, einen abgewählten Linken wieder ins Amt zu befördern. Und Lindner? Der zieht alle Strippen, dass sein Parteifreund Kemmerich nicht wieder FDP-Spitzenkandidat wird, obwohl er der einzige liberale Politiker zu sein scheint, mit dem die Thüringer FDP die Fünf-Prozent-Hürde schaffen kann.

Eine Schmierenkomödie, die mit Demokratie nichts, aber auch gar nichts zu tun hat.

Denn:

  1. Die Landtagswahl und die Abstimmungen im Parlament sind ohne jeden Zweifel formal korrekt verlaufen.
  2. Die erfolglose rot-rot-grüne Regierung von Ramelow wurde eindeutig abgewählt von der Mehrheit der Bürger im Freistaat.
  3. Und die CDU, die Partei Helmut Kohls und Bernhard Vogels, hievte einen abgewählten Sozialisten wieder ins Amt.

Klar, dass viele Bürger darauf warten, noch einmal über diesen beschämenden Vorgang abzustimmen. Und ich freue mich darauf, zu erfahren, mit welcher Machtstrategie die CDU dann in die nächste Landtagswahl gehen wird.

Es ist absehbar, dass Ende April wegen der dramatischen Corona-Situation in ganz Thüringen nicht gewählt werden wird. Auch AfD und Grüne haben inzwischen erklärt, dass sie nicht davon ausgehen, dass im April gewählt werden kann. Aber irgendwann wird gewählt – die vielleicht spannendste Wahl in diesem Jahr in Deutschland…




CDU-Abgeordnete stimmen mit Rot-Rot-Grün für höhere Rundfunkgebühren

von KLAUS KELLE

ERFURT – Es ist nicht neu, aber immer wieder erschütternd, wie sich die CDU, die sich selbst als „Partei der Deutschen Einheit“ versteht, den Steigbügelhalter für eine abgewirtschaftete rot-rot-grüne Landesregierung macht. So auch heute wieder, als im Landtag christdemokratische Abgeordnete für die skandalöse Erhöhung der Rundfunkbeiträge stimmten.

Skandalös, weil das ganze Öffentlich-Rechtliche System in Deutschland nicht mehr zeitgemäß ist und jedes Jahr Milliarden Euros allein für „Unterhaltung“ verschleudert, weil man das 1946 mal als „Grundversorgung“ festgelegt hat. Und das war richtig, ein Jahr nach dem großen Krieg, denn es gab nichts zu lachen – kein ZDF, keine Privatsender, kein Internet, kein Netflix und kein YouTube. Aber heute? Warum zwingen wir die Haushalte in Deutschland, mit Zwangsgebühren alberne Spielshows und Vorabendserien zu finanzieren? Weil alle mitmachen – außer der AfD, die aber allein nicht zu entscheiden hat.

Der AfD wäre es in Sachsen-Anhalt fast gelungen, eine rechnerisch parlamentarische Mehrheit zusammen mit der CDU zu politischer Macht zu formen. Die CDU in Magdeburg stand aller Angriffe aus Berlin wie eine Eins, aber ihr Ministerpräsident Reiner Haseloff zog dann die Notbremse und nahm den Gesetzentwurf zum Staatsvertrag vor der entscheidenden Abstimmung im Landtag von der Tagesordnung. Und weil alle Bundesländer zustimmen müssten, wird es erstmal keine Erhöhung geben. Gut so.

Viel ärgerlicher ist aber, dass die thüringische CDU die von der Bevölkerung im Freistaat abgewählte Ramelow-Koalition weiter am Leben erhält. Wie die Mehrheitsverhältnisse tatsächlich sind, wurde am 5. Februar sichtbar, als der FDP-Politiker Thomas Kemmerich kurzzeitig zum Ministerpräsidenten gewählt wurde, bis die Kanzlerin aus Südafrika anordnete, eine demokratische und rechtmäßige Wahl „rückgängig“ zu machen. Und so vollzogen es alle Höflinge und die Partei Adenauers und Kohls half mit, einem gescheiterten Ministerpräsidenten wieder ins Amt zu hieven. Demokratie geht anders.

Auf ihrem Bundesparteitag in Hamburg hatte die CDU übrigens 2018 einen Unvereinbarkeitsbeschlusss für Kooperationen zwischen CDU und Linken sowie der AfD beschlossen. Wie man in Thüringen sieht, ist dieser Beschluss nicht das Papier wert, auf dem er geschrieben steht.