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Thüringens CDU am Abgrund: Warum sollte irgendwer noch bei der Union das Kreuzchen machen?

von KLAUS KELLE

ERFURT – Die Thüringer CDU war einmal die dominierende politische Kraft im Freistaat, ausgestattet mit absoluten Mehrheiten mit Abonnement auf den Gewinn der allermeisten Direktwahlkreise für ihre Kandidaten bei Bundestags- und Landtagswahlen. Das ist Geschichte.

Ganze 16,9 Prozent der Wähler in Thüringen kreuzten bei der Bundestagswahl am 26. September mit ihrer Zweitstimme noch die Christdemokraten an – ein Verlust gegenüber dem schon mauen Ergebnis von 2017 umd 11,9 Prozent. Mit Desaster ist dieses Ergebnis noch freundlich umschrieben.

Doch während anderswo in Deutschland prominente Politiker der CDU bereit sind, persönlich die Verantwortung zu übernehmen, ruht der See still bei der CDU im Lande. Gerade haben Annegret Kramp-Karrenbauer und Peter Altmaier, immerhin beide Bundesminister, ihre Mandate im Saarland zurückgegeben, um Platz für junge unverbrauchte Nachrücker zu machen. Während Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner ankündigte, in Rheinland-Pfalz ihren Landesvorsitz aufzugeben, zieht man sich in Thüringen darauf zurück, das schlechte Wahlergebnis sei nicht die Schuld der hiesigen Union, sondern „des falschen Kanzlerkandidaten“.

Dabei ist unstrittig, dass Armin Laschet die denkbar schlechteste Wahl für einen gemeinsamen Spitzenkandidaten von CDU und CSU gewesen ist. Und praktisch alle CDU-Landesverbände in Ostdeutschland wollten nicht Armin Laschet, sondern Friedrich Merz oder wenigstens Markus Söder. Aber dabei darf auch nicht vergessen werden, dass es die CDU-Nomenklatura gerade in Thüringen gewesen ist, die wider besseren Wissens Laschet unterstützt hatte, um Friedrich Merz zu verhindern. Und die beiden Spitzenmänner Voigt und Hirte organisierten dabei kräftig mit. Wenn Fraktionschef Mario Voigt jetzt nach der Wahl sagt, dass „Laschet der Falsche“ gewesen sei, muss er sich fragen lassen, ob er das nicht auch schon vorher hätte wissen können, so wie Hunderttausende Parteimitglieder und Millionen Wahlbürger in Deutschland.

Die völlig irrationale Kampagne der Merkel-Fans in der Parteispitze gegen den Wirtschaftsexperten aus dem Sauerland, der zweifellos ein deutlich besseres Ergebnis für die Union erzielt hätte – das sagten alle Umfragen auch schon vor der Wahl – ist der eigentliche Grund für diesen beispiellosen Einbruch der einst großen Volkspartei der Mitte.

Am Wochenende tritt der Landesparteitag der Thüringer CDU zusammen. Ob dort endlich einmal klar Schiff gemacht wird, ist fraglich, ich zweifle daran. Schuld sind ja immer die anderen.

Die nackte Wahrheit jedoch ist: Die Thüringer CDU bietet spätestens schon seit der grandios vergeigten Landtagswahl personell wie inhaltlich ein trostloses Bild. Begonnen hat es mit der Wahl des FDP-Politikers Thomas Kemmerich zum Kurzzeit-Ministerpräsidenten. Gewählt mit den Stimmen von CDU, FDP und AfD kam es wie es wohl kommen musste. Gottkanzlerin Merkel ordnete per Telefon an, eine absolut korrekt verlaufene demokratische Wahl „rückgängig“ zu machen. Und alle vollzogen die Anordnung aus Südafrika. Die folgende Hetzjagd auf Kemmerich und seine Familie besorgten den Rest.

Und so verhalf ausgerechnet die CDU, die sich stolz die „Partei der deutschen Einheit“ nennt, einem abgewählten Kommunisten und seiner rot-rot-günen Laienspielschar wieder ins Amt. Und die CDU half dabei mit. Niemals gab es einen Parteitagsbeschluss der CDU, Ramelow zu stützen, sie kungeln es einfach hinter verschlossenen Türen aus. Was das dumme Wahlvolk will, spielt keine Rolle.

Niemand weiß heute, warum er oder sie in Thüringen die CDU wählen sollte. Kemmerich ja oder nein. Hans-Georg Maaßen, von Kreisverbänden im Süden als Kandidat nominiert, von der Landesspitze der CDU bekämpft. Und dann die Maskenaffäre und so weiter und so weiter.

Auch die Spitze der CDU in Thüringen versichert nun, man wolle jetzt ganz doll transparent sein und auf die Basis hören. Transparent? Beim Landesparteitag am kommenden Wochenende will die CDU einen neuen Schatzmeister wählen. Auf den Fluren werden Namen geflüstert – aber einen Kandidaten hat Hirte offiziell noch nicht benannt – eine Woche vor der Wahl. Das regelt man in der Freistaat-Union hinter verschlossenen Türen. Und so ist ein Ende des Elends nicht abzuzehen. Alles soll so weitergehen, und nach unten ist noch eine Menge Luft.




Alle starren gebannt darauf, was die AfD macht – um dann unbedingt dagegen zu sein

von SIMONE ROTHE

ERFURT – «Was macht die AfD? Was den größtmöglichen Schaden anrichtet» – ist fast schon ein geflügeltes Wort im Thüringer Landtag.

An diesem Freitag ist es wieder so weit: Das Dauerduell von AfD-Rechtsaußen Björn Höcke (49) gegen den Linke-Ministerpräsidenten Bodo Ramelow (65) geht in die nächste Runde. Höcke tritt – anders als bei der Ministerpräsidentenwahl im März 2020 – nicht direkt gegen seinen Lieblingsgegner an. Er nutzt einen Passus in der Verfassung – das konstruktive Misstrauensvotum.

Damit «wollen wir die formalen Voraussetzungen dafür schaffen, die gescheiterte Minderheitskoalition von Bodo Ramelow zu beenden», formuliert die AfD-Fraktion als Ziel ihrer Aktion. «Der Parlamentarismus lebt davon, dass die Opposition regieren will», meint Höcke. Ramelow samt seiner rot-rot-grünen Regierung wäre gestürzt, sollte Höcke mit mindestens 46 Stimmen zum Ministerpräsidenten gewählt werden.

Warum das Spektakel bei geringer Aussicht auf Erfolg?

Höckes Chancen? Sie gehen gegen Null – weil außer der AfD keine andere Fraktion zustimmen will. Warum dann das Spektakel, genau eine Woche nachdem in Thüringen die eigentlich für September geplante Landtagswahl abgeblasen wurde?

«Die AfD benutzt den Landtag. Es geht ihr um Tabubruch, um größtmögliche Verunsicherung und darum, Thüringen und die parlamentarische Demokratie lächerlich zu machen. Eine andere Rolle der AfD kann ich nicht erkennen», sagt die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Astrid Rothe-Beinlich.

Seit der Landtagswahl 2019 stellt die AfD die zweitstärkste Fraktion mit 22 von 90 Abgeordneten. Immer wieder beeinflusst die vom Thüringer Verfassungsschutz wegen rechtsextremer Tendenzen beobachtete Partei Landtagsentscheidungen weit stärker, als es ihre faktische Stärke zulassen würde. Höcke, der als Fraktionschef Regie führt, gilt als Mitgründer des inzwischen formal aufgelösten und vom Bundesamt vom Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuften «Flügels» der AfD – er ist damit für keine andere Fraktion akzeptabel bei der Mehrheitsfindung.

Politikwissenschaftler wie der Erfurter André Brodocz und der Jenaer Torsten Oppelland sehen den Landtag in einem Dilemma angesichts der schwierigen Verhältnisse: Ramelows Koalition aus Linke, SPD und Grünen, der vier Stimmen fehlen, und die beiden Oppositionsfraktionen CDU und FDP haben es mit einer großen AfD-Fraktion zu tun – die damit indirekt viel Einfluss hat. «Die einzigen, die derzeit eine Mehrheit bilden könnten, sind Parteien – Linke und CDU oder gar AfD – die nicht kompatibel sind», beschreibt Oppelland die Lage. Die AfD habe auch Macht, «weil die anderen Fraktionen ihr Handeln von ihr abhängig machen», sagt Brodocz.

Im Juli versetzte die Höcke-Fraktion den Landtag in Erfurt regelrecht in Dauerstress. Im ersten Akt ging es um den Vorsitz in Untersuchungsausschüssen. Die AfD wollte einen zu Treuhand-Entscheidungen in den 1990er Jahren, die CDU einen, der aktuelle Fälle politisch motivierter Gewalt untersucht.

Die AfD zog ihren Antrag zurück – und hatte damit plötzlich als zweitstärkste Fraktion Anspruch auf den Vorsitz ausgerechnet in einem Ausschuss, der sich mit extremistischen Tendenzen befassen soll. CDU-Fraktionschef Mario Voigt warf der AfD Tricksereien vor und reagierte mit einem taktischen Manöver: Die CDU beantragte einen Treuhandausschuss, den sie eigentlich gar nicht wollte. Mit den Folgen musste sich der Landtag am Donnerstag befassen.

Der zweite Akt: Bei der geplatzten Landtagsauflösung vor einer Woche spielte die Angst, AfD-Stimmen könnten letztlich den Ausschlag geben, ebenfalls eine entscheidende Rolle. Das Parlament könne nicht mit einer Partei aufgelöst werden, «der die parlamentarische Demokratie verhasst ist», begründete der Fraktionsvorsitzende der Linken, Steffen Dittes, den Rückzieher.

Der dritte Akt folgt an diesem Freitag und sorgt bereits für umstrittene Reaktionen: Die CDU-Faktion entschied sich, beim Misstrauensvotum gegen Ramelow passiv zu bleiben und die Stimmabgabe zu verweigern.

FDP-Fraktion will «Höcke definitiv nicht wählen»

«Mit seiner Kandidatur versucht Björn Höcke einmal mehr, dieses Parlament verächtlich zu machen. Deshalb werden wir uns auf die durchschaubaren Spiele der AfD nicht einlassen», so ihr Fraktionsvorsitzender Voigt. «Das demokratische Signal wird dadurch schwächer», befürchtet SPD-Chef Georg Maier. Einige bei Rot-Rot-Grün glauben, Voigt wolle nicht riskieren, dass bei mehr als 22 Stimmen für Höcke in der geheimen Abstimmung die Stimmen bei der CDU verortet werden könnten. Im Gegensatz zur CDU will sich die FDP an der Abstimmung beteiligen. «Wir werden Herrn Höcke definitiv nicht wählen», kündigte FDP-Fraktionschef Thomas Kemmerich an.

Und was sagt der, um den es bei dem Misstrauensantrag, den Paragraf 73 der Verfassung vorsieht, eigentlich geht? Ramelow gibt sich staatsmännisch: «Es steht der Opposition zu – und in diesem Fall auch der AfD – einen Antrag nach Artikel 73 zu stellen.» Er gehe davon aus, dass das Parlament souverän damit umgehen werde, so Ramelow.




Die AfD bringt ein Misstrauensvotum gegen Bodo Ramelow ein

Die AfD will Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) und dessen rot-rot-grüne Minderheitsregierung über ein Misstrauensvotum stürzen.Als Reaktion auf die geplatzte Neuwahl des Landtags reichte die AfD-Fraktion nach eigenen Angaben am Montag den Antrag auf ein konstruktives Misstrauensvotum ein. Gegen Ramelow (65) will Fraktionschef Björn Höcke für das Amt des Ministerpräsidenten antreten. Der 49-Jährige wurde vom Verfassungsschutz als Vertreter des aufgelösten rechtsextremen Flügels der AfD eingestuft.

Die Wahlaussichten von Höcke sind gering – die Oppositionsfraktionen CDU und FDP machten deutlich, dass sie den AfD-Rechtsaußen nicht wählen werden. «Wir werden uns auf die durchschaubaren Spiele der AfD nicht einlassen», erklärte die CDU. Thüringen brauche kein «fadenscheiniges Polit-Theater, das sich als konstruktives Misstrauensvotum tarnt», erklärte FDP-Fraktionschef Thomas Kemmerich. Dafür stände die FDP nicht zur Verfügung. Die AfD stellt die zweitgrößte Fraktion im Landtag. Sie verfügt aber nur über 22 der 90 Stimmen im Parlament in Erfurt.

Der thüringischen Verfassung zufolge kann der Landtag in Erfurt dem Ministerpräsidenten «das Misstrauen nur dadurch aussprechen, dass er mit der Mehrheit seiner Mitglieder einen Nachfolger wählt». «Den Antrag kann ein Fünftel der Abgeordneten oder eine Fraktion einbringen», heißt es in Paragraf 73. Zwischen Antrag und Wahl müssen mindestens drei und dürfen höchstens zehn Tage liegen. Die Abstimmung ist geheim. Offen ist, ob es bereits in der Landtagssitzung in dieser Woche dazu kommt.

Ramelow ist bundesweit der einzige Ministerpräsident, der der Linken angehört. Derzeit führt er eine rot-rot-grüne Minderheitskoalition, der vier Stimmen im Landtag für eine eigene Mehrheit fehlen. Sie war bisher auf Stimmen der CDU-Fraktion angewiesen. Der so genannte Stabilitätspakt zwischen Rot-Rot-Grün und der CDU soll mit der parlamentarischen Sommerpause auslaufen.

Die CDU-Fraktion erläuterte: «Es ist offensichtlich, dass der Landtag niemanden wie Björn Höcke zum Ministerpräsidenten wählt, der vom Verfassungsschutz als rechtsextremistischer Beobachtungsfall geführt wird.» Der Versuch der AfD, das Parlament erneut vorzuführen, resultiere daraus, dass die Linke «die Abstimmung über die Auflösung des Thüringer Landtags vereitelt hat», so der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU, Andreas Bühl.

Die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Astrid Rothe-Beinlich, schrieb auf Twitter: «Faschist #Höcke im Größenwahn. Jetzt will er #MP werden. Da gibt es nur eins: Sag Nein.» Sie nannte den AfD-Antrag eine Provokation. Höcke war gegen Ramelow bereits bei der Ministerpräsidentenwahl im März 2020 angetreten, hatte dann aber im dritten Wahlgang zurückgezogen.

Die AfD-Fraktion nannte hingegen als Ziel: «Mit dem von uns beantragten konstruktiven Misstrauensvotum wollen wir die formalen Voraussetzungen dafür schaffen, die gescheiterte Minderheitskoalition von Bodo Ramelow zu beenden.» Sie sei für Kandidaten auch anderer Fraktionen offen, «die einen Neustart in Thüringen ermöglichen».

Linke und Grüne hatten am Freitag die zusammen mit SPD und CDU beantragte Landtagsauflösung abgesagt, weil die von der Verfassung vorgeschriebene Zweidrittelmehrheit jenseits von AfD-Stimmen unsicher war. Nach dem Debakel bei der Wahl von Kurzzeit-Ministerpräsident Kemmerich im vergangenen Jahr dürfte nicht riskiert werden, dass AfD-Stimmen den Ausschlag auch bei einer vorgezogenen Neuwahl des Parlaments geben könnten.

Damit platzte auch die Landtagswahl, die zusammen mit der Bundestagswahl am 26. September geplant war. Sie sollte für klare Mehrheiten in Erfurt sorgen.




Ungemütliche Zeiten für Ramelow brechen an – Voigt (CDU): Wir sind nicht dafür da, Rot-Rot-Grün an der Macht zu halten

Thüringens rot-rot-grüne Minderheitsregierung von Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) muss nach der geplatzten Landtagswahl für jedes ihrer Projekte im Landtag um Unterstützung der Opposition werben.

CDU-Fraktionschef Mario Voigt sieht seine Fraktion nach der abgesagten Landtagsauflösung, die von Linke, SPD, Grünen und CDU gemeinsam betrieben worden war, nicht als Mehrheitsbeschaffer. «Wir sind nicht dafür da, die Politik einer rot-rot-grünen Minderheitsregierung abzusichern», sagte Voigt in Erfurt.

Die Übergangsvereinbarung mit Rot-Rot-Grün, die die Auflösung des Landtags zum Ziel hatte, laufe mit Beginn der parlamentarischen Sommerpause aus, bekräftigte Voigt. Die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Astrid Rothe-Beinlich, befürchtet dennoch keine Regierungskrise. Der Landesvorstand der Linken rief alle Fraktionen auf, den Einfluss einer extrem rechten AfD auf Parlamentsentscheidungen einzudämmen.

Ramelows Dreierkoalition fehlen vier Stimmen im Landtag – die Legislaturperiode läuft bis 2024. Die AfD mit ihrem Rechtsaußen Björn Höcke an der Spitze stellt nach der Linken die zweitgrößte Fraktion im Parlament in Erfurt.

Die Fraktionsvorsitzende der Grünen forderte die CDU auf, «jetzt nicht nur am Spielfeldrand zu stehen und zu pöbeln». Auch sie müsse Vorschläge machen, wie die Sacharbeit im Landtag fortgesetzt werden könne. Größte Herausforderung sei der Haushalt 2022. «Im Zweifel müssen wir ein Bündnis eingehen mit denen, die Verantwortung übernehmen wollen», sagte Rothe-Beinlich der dpa.

Im Gegensatz zu Rothe-Beinlich rechnet der CDU-Fraktionschef mit wachsenden Problemen für Rot-Rot-Grün im Landtag. «Das ist eine Situation, wo Stillstand drohen kann.» Voigt schloss aber eine punktuelle Unterstützung seiner Fraktion nicht aus, wenn es um politische Vorhaben gehe, die auch die CDU verfolge.

Der Linke-Landesvorstand bekräftigte, er hielt und hält die Neuwahl des Thüringer Landtages für die einzig mögliche politische Reaktion auf den Tabubruch vom 5. Februar 2020, als CDU und FDP zusammen mit der AfD Kurzzeit-Ministerpräsident Thomas Kemmerich (FDP) wählten.




Nach Ramelows Holzerei gegen Maaßen spricht Heym (CDU) von dessen zweifelhafter Partei

ERFURT – Zum wiederholten Male hat sich Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) gegenüber Politikern anderer Parteien im Ton vergriffen und damit eindrucksvoll belegt, wie überfordert der von der Bevölkerung abgewählte Politiker in diesem Staatsamt ist.

Mit seinem jüngsten Vergleich hat Ramelow erneut jegliches Niveau vermissen lassen, als er den früheren Verfassungsschutzpräsidenten Hans-Georg Maaßen (Foto) mit dem AfD-Flügelmann Björn Höcke verglich. Maaßen kandidiert bekanntlicher Weise im Wahlkreis 196 Schmalkalden für die CDU als Bundestagskandidat. Doch ebenso wie ein Teil der heruntergewirtschafteten CDU im Freistaat, die gegen den eigenen Parteifreund offen zu Felde zieht, zückt ausgerechnet Ramelow den großen rhetorischen Hammer gegen einen Politiker ausgerechnet der Partei, die ihn – leider – immer noch im Amt hält.

Doch nicht jeder in der CDU-Landtagsfraktion hat seinen Charakter über Bord geworfen. Der Abgeordnete Michael Heym erinnerte Ramelow daran, welcher „zweifelhaften Partei“ der Linke angehöre.

Maaßen selbst habe den „Kampf gegen Extremisten und Gegner des Grundgesetzes“ sein Leben lang geführt. Und er, Maaßen, fordert Ramelow auf, sich ihm in diesem Kampf auch selbst endlich anzuschließen.




Antrag auf Auflösung des Landtags gestellt: Aber die Mehrheit ist ungewiss

Thüringens Landtag soll den Weg für seine Neuwahl im September frei machen. Linke, SPD, Grüne und CDU reichten am Abend nach wochenlanger Debatte einen Antrag auf Auflösung des Parlaments ein, teilten die Geschäftsführer der Fraktionen sowie die Landtagsverwaltung mit. Der Antrag trägt wie von der Verfassung gefordert die Namen von 30 Abgeordneten. Sie beantragen die Selbstauflösung des Parlaments.

Für die Abstimmung darüber ist der 19. Juli im Gespräch. Die Selbstauflösung des Landtags wäre ein Novum in der Thüringer Geschichte seit der Wiedervereinigung.

Seit Wochen streiten die vier Fraktionen darüber, ob die für die Auflösung eines Verfassungsorgans nötige Zwei-Drittel-Mehrheit gesichert ist. Das ist derzeit nicht der Fall – von den erforderlichen 60 Stimmen sind nur 57 sicher. Grund ist, dass vier CDU-Abgeordnete angekündigt haben, den Weg nicht mitzugehen. In dieser Woche haben außerdem zwei Linke-Abgeordnete erklärt, dass sie sich an der Abstimmung nicht beteiligen werden, wenn Rot-Rot-Grün und CDU die nötigen Stimmen nicht wie verabredet aus eigener Kraft aufbringen.

Der rot-rot-grüne Koalition von Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) fehlen im Landtag vier Stimmen für eine eigene Mehrheit. Sie ist bei jeder Entscheidung auf Stimmen der oppositionellen CDU-Fraktion angewiesen.

Landtag und Bundestag sollen parellel gewählt werden

Vor Antragstellung sei auch darüber beraten worden, dass es rechtlich möglich ist, den Auflösungsantrag zurückzuziehen, sollte in den nächsten Tagen deutlich werden, dass keine Zwei-Drittel-Mehrheit bei der Abstimmung zustande kommt, sagte die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Astrid Rothe-Beinlich.

Die Hoffnung der Parteien bei einer vorgezogenen Landtagswahl zusammen mit der Bundestagswahl am 26. September ist, dass es danach eindeutige Mehrheiten im Parlament in Erfurt gibt. Die Landtagsauflösung ist auch eine Reaktion auf den Februar 2020 mit der Wahl von Kurzzeit-Ministerpräsident Thomas Kemmerich (FDP), der entsprechend dem Wählerwillen in Thüringen von einer nicht linken Mehrheit der Bürger getragen wurde. Die Bundeskanzlerin hatte danach angeordnet, die Wahl Kemmerichs „rückgängig“ zu machen. Ein beispielloser Vorgang in der Geschichte der Bundesrepublik, der aber willfährig vollzogen wurde.  Der von den Bürgern im Freistaat abgewählte Bodo Ramelow von der SED-Nachfolgepartei regiert seitdem mit der CDu als Steigbügelhalter. Manches kann man sich gar nicht ausdenken.




Blumenmeer mit Masken: Bundespräsident sagte BUGA auch ab

Ein Blumen- und Pflanzenmeer, das 87 000 Quadratmeter umfasst, darunter Tausende Rosen, Stauden, aber auch Nutzpflanzen: In Erfurt hat die Bundesgartenschau 2021 erste Besucher empfangen. Der Eröffnung am Freitag war wegen der Pandemie allerdings eine heftige Zitterpartie vorangegangen.

Nun ist aber klar, dass die Außenbereiche der großen Blumenschau für Besucher mit Ticket, Anmeldung und einem aktuellen von Profis ausgestellten negativen Corona-Testergebnis öffnen dürfen. Der Testnachweis ist erst am Samstag nötig, bei der Eröffnung am Freitag wurde er noch nicht gebraucht. Die Auswirkungen der Pandemie waren trotzdem nicht zu verkennen: Die auf den Einlass beim Standort Egapark wartenden Besucher trugen Gesichtsmasken.

Begrüßt wurden die Ersten von ihnen mit einem kleinen Geschenk: Auch Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) und Oberbürgermeister Andreas Bausewein (SPD) teilten Tüten voll mit duftender Minze, Thymian und mehr an die Besucher aus. «Es war eine Megabaustelle, elf Jahre Arbeit finden heute ihren Höhepunkt», sagte Ramelow vor großen Beeten mit bunten Frühblühern. Dabei war vor allem der Endspurt in dieser Woche heikel. Ramelow verglich das Ganze mit Blick auf die der Pandemie geschuldeten Unsicherheiten und die Pläne für die Bundes-Notbremse mit einem Ritt auf der Rasierklinge.

«Auf diesen Tag haben wir elf Jahre lang hingearbeitet», erklärte auch Bausewein. Dann sei Corona gekommen und vieles habe umgeplant werden müssen. Bis Anfang der Woche sei in der Stadt noch darum gebangt worden, ob die Schau in der Pandemie überhaupt eröffnen könnte. Die eingeschränkte Öffnung ist aber auch mit dem neuen Infektionsschutzgesetz möglich.

Rund 6000 Besucher hatten sich Organisatoren zufolge für den ersten Tag der bis 10. Oktober geplanten Buga angemeldet. Einige konnten ihre Freude nicht verbergen, dass es nach dem langen Bangen endlich losgehe. Eine Mutter mit Kind erklärte, dass ihre Tochter zur Zeit ohnehin nicht in die Kita könne. Also habe sie die Chance gleich am ersten Tag genutzt. Eigentlich ist die Eröffnung einer Buga ein großes Fest mit Musik, zu dem auch der Bundespräsident kommt. Dieser hatte aber abgesagt. Er werde seinen Besuch nachholen, sagte Ramelow.

Teils noch in warme Jacken gepackt, schlenderten die ersten paar Hundert Besucher kurz nach Eröffnung zwischen den großen Blumenbeeten, Themengärten und Spielplätzen im Egapark umher. Ziemlich genau vor 60 Jahren war auf der 36 Hektar großen Anlage die «Erste internationale Gartenbauausstellung der sozialistischen Länder» eröffnet worden, viele Erfurter verbinden schöne Erinnerungen mit dem Park. Auch Ramelow berichtet davon, wie er früher mit seinen Kindern dort unterwegs gewesen war. Für die Buga konnte das Gelände umfangreich saniert werden. Nun steht dort auch das große Danakil genannte Klimazonen-Haus, das die Wüste und den Urwald mit Pflanzen und Tieren erlebbar machen soll. Vorerst bleiben die Türen für Besucher aber zu – auch das eine Corona-Auflage.

Auch auf dem zweiten Hauptstandort, dem Petersberg, muss ein Höhepunkt der Buga noch geschlossen bleiben: In der Peterskirche wäre eine multimediale Ausstellung zur Geschichte und Philosophie der Gartenkunst zu sehen. Dabei wird auch auf die Historie des mitten in der Stadt neben dem Dom gelegenen Petersberges eingegangen, die in der Summe alles andere als blumig war. Unter anderem befand sich dort einst die Staatssicherheit und rief unter den Erfurtern wenig positive Assoziationen hervor. Die Buga soll das nun endgültig ändern, so eine Hoffnung der Organisatoren.

Eine weitere Hoffnung ist, dass die coronabedingten Einschränkungen und Auflagen im Laufe der bis zum 10. Oktober geplanten Schau nach und nach gelockert werden können, so es die Infektionslage zulässt. Teil der Buga sind auch mehr als 25 Außenstandorte in ganz Thüringen, an denen vor allem historische Garten- und Parkanlagen zu sehen sind. Auch dort sollten sich Besucher im Vorfeld nach den aktuellen Corona-Auflagen erkunden.

Komplett kritiklos lief die Eröffnung aber nicht ab. So kündigte der Bund der Steuerzahler Thüringen an, die Blumenschau im Auge behalten zu wollen. Manche Nutzer sozialer Netzwerke bekundeten auch Unmut darüber, dass die Schau öffnen dürfe, während andere Einrichtungen geschlossen bleiben müssten. Die Buga-Organisatoren argumentieren dagegen, dass der Besuch der weitläufigen Anlagen vertretbar und besser zu steuern sei als etwa dabei öffentlichen Parkanlagen. Experten gingen davon aus, dass die Ansteckungsgefahr unter freiem Himmel deutlich geringer sei als in geschlossenen Räumen.




Der Tabubruch von Erfurt: Demokratische Wahlen macht man nicht „rückgängig“

von KLAUS KELLE

Der Jahrestag der Wahl des FDP-Politikers Thomas Kemmerich zum Ministerpräsidenten von Thüringen ist heute Mittelpunkt in der Nachbetrachtung aller wichtigen Medien in Deutschland. Die ARD-Tagesschau spricht vom „Thüringer Tabubruch“, der SPIEGEL vom „politischen Skandal“ und die SUEDDEUTSCHE vom „Kemmerich-Eklat“. Nachvollziehbar, dass der linke Mainstream in den hiesigen Medien an dem Tag ähnlich fassungslos gewesen sein muss wie Jahre vorher, als im Novembver 2016 Donald Trump zum Präsidenten der Vereinigten Staaten gewählt wurde.

Dabei waren beide Ereignisse zwar überraschend, aber in einer freien, geheimen Wahl – absolut rechtmäßig – zustande gekommen. Der Linke-Politiker Bodo Ramelow und seine rot-rot-grüne Koalition sind verantwortlich für die schwächste Landesregierung im Freistaat seit der Wiedervereinigung, ideologiestark aber gleichzeitig führungsschwach und erfolglos. Und so wurden sie von den Bürgern abgewählt. Und der Landtag wählte im dritten Wahlgang Thomas Kemmerich zum neuen Ministerpräsidenten, der die Wahl annahm. Dafür bekam er einen Händedruck von Björn Höcke und die Linken-Fraktionschefin Susanne Hennig-Wellsow warf den Blumenstrauß, den sie wohl für ihren Genossen Ramelow hatte besorgen lassen, dem liberalen Politiker grußlos vor die Füße. Großes Kino im Landtag.

Ich liebe es, wenn Politik auch mal emotional wird und nicht immer bräsige Langeweile in unseren Parlamenten herrscht. Aber in diesem Fall ging das linke Fußvolk zu weit. Innerhalb einer Viertelstunde versammelten sich enttäuschte Aktivisten vor dem Landtag um gegen das Ergebnis einfer freien Wahl zu demonstrieren. Das darf man natürlich. Aber die Hexenjagd gegen den Unternehmer Kemmerich und seine Familie war eine Schande für unsere demokratische Gesellschaft. Erst der antifa-Pöbel, dann der Staatskanzleichef, der sich bei der Übergabe nicht entblödete, Kemmerich vorzuwerfen, er feiere seinen Wahlsieg auf „den Gräbern von Millionen ermordeten Juden“.

Und den Vogel schoß die Bundeskanzlerin ab, die – auf Staatsbesuch in Südafrika – per Telefon ihr Missfallen ausdrückte und bekräftigte, die Wahl Kemmerichs müsse „rückgängig“ gemacht werde. Und das vollzogen die Herrschaften im Berliner Koalitionsausschuss, Hand in Hand mit Ministerpräsidenten wie Daniel Günther (CDU) und Malu Dreyer (SPD), die den Druck auf die FDP so erhöhten, dass Parteichef Christian Lindner den Druck auf seinen „Parteifreund“ Kemmerich nochmals erhöhte.

Sie alle wissen, wie es endete: Kemmerich trat zurück, weil er nicht der Totengräber seiner Partei werden und außerdem sein Leben zurückhaben wollte. Seine Opferbereitschaft dankte ihm die Bundespartei, die ihn am liebsten ganz loswerden will, indem sie erstmal verhinderte, dass der Liberale Spitzenkandidat der FDP für die nächste Landtagswahl werden durfte.

Und warum die Aufregung? Weil die Abgeordneten der AfD mitgestimmt haben. Die Partei wird behandelt wie Parias, mit denen man nicht spricht, obwohl sie fast ein Viertel der Bürger Thüringens hinter sich versammeln konnte. Und das ist nicht in Ordnung, ob man die Höcke-Partei mag oder nicht.

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„Candy Crush“ im Lockdown: Kann dieser Mann Ministerpräsident von Thüringen bleiben?

von KLAUS KELLE

ERFURT – Bodo Ramelow persönlich ist recht beliebt im Freistaat, das kann niemand ernsthaft bezweifeln. Nur so ist ein Wahlergebnis für Die Linke von über 30 Prozent zu erklären. Er ist zivilisiert, sagt man, symapthisch bei seinen Auftritten, er hat die richtige Ballance zwischen politischer Agenda und Volkstümlichkeit. Aber, das wird gern mal vergessen, die Wähler in Thüringen haben ihn und seine lahme rot-rot-grüne Koalition im Herbst 2019 abgewählt. Aus, finito! Dass er jetzt wieder in der Staatskanzlei sitzt ohne eigene Mehrheit, dashat er einem Kuhhandel mit der CDU und der skandalösen Intervention der Bundeskanzlerin zu einer rechtmäßig verlaufenen Wahl zu verdanken.

Ramelow verwaltet also weiter vor sich hin, und er gefällt sich offenbar in der Rolle des Corona-Krisenmanagers. Erst war er der Lockerste der Ministerpräsidenten, jetzt zieht er den Lockdown durch wie kaum ein Zweiter. Da passt überhaupt nicht in die Landschaft, was jetzt bekannt geworden ist. Ausgerechnet in einem Gespräch in der neuen hippen „Clubhouse“-Audio-App, wo Tausende zuhören, erzählte der Linke-Politiker, dass er während der allwöchigen Beratungen der Ministerpräsidenten mit der Bundeskanzlerin nebenbei gern das Online-Spiel „Candy Crush“ spiele. Noch einmal, weil man es beim ersten Lesen vielleicht gar nicht begreift: In der prominet besetzten Runde, in der jede Woche beschlossen wird, was wir alle tun müssen, um dem Virus entgegenzuwirken, spielt der Ministerpräsident nebenbei ein Onlinespiel. Irre, oder?

Die Bundeskanzlerin bezeichnete er im Talk als „Merkelchen“ und brüstete sich – wie die „Welt am Sonntag“ berichtete – , er schaffe bei dem Spiel  bis zu zehn Level. Toll, oder? So einen Ministerpräsidenten wünscht sich der von Existenzsorgen bedrohte Bürger in der Krise. Da werden Beschlüsse gefasst, die Menschen an den Rand ihrer Existenz treiben, Kontaktverbote zu engen Verwandten festgesetzt, Restaurants, Frisörsalons, Betriebe aller Art in die Insolvenz getrieben – und Thüringens Erster Mann daddelt.

Ramelow selbst hat sich inzwischen entschuldigt: „Eine kluge Frau hat mir auf @clubhouse_de gerade schlüssig den eigentlichen Fauxpas meiner Clubhaus-Plauderei dargelegt und es hat mich überzeugt“, schrieb er im Kurznachrichtendienst Twitter. Und weiter: „Den Namen der Bundeskanzlerin zu verniedlichen, war ein Akt männlicher Ignoranz. Dafür meine ehrliche Bitte um Entschuldigung.“ Da ist er wieder, der charmante Linke. Und während Politiker der Opposition die Frage nach der „Selbstbeherrschung mancher Politiker“ stellen und sogar in der Koalition der Wahlverlierer das Rumoren immer lauter wird, ist nicht einmal auszuschließen, dass viele Bürger das alles mit einem Achselzucken hinnehmen. Weil Herr Ramelow doch so nett ist. Und warum soll ein Ministerpräsident nicht das tun, was viele  andere auch machen? Ganz einfach: Weil er Ministerpräsident ist. Weil er Verantwortung dafür trägt, was mit den Bürgern Thüringens geschieht, besonders denen, die Angst um ihre Zukunft haben.

„Entweder ist es Ausdruck von Arroganz der Macht oder Amtsmüdigkeit“, schrieb Christian Hirte, seit September CDU-Landeschef im Freistaat. Eine berechtigte Frage, wenn man etwa, an vergangenes Jahr zurückdenkt, als der Ministerpräsident dem AfD-Abgeordneten Stefan Möller den Mittelfinger zeigte und ihn einen „widerlichen Drecksack“ nannte. Bürger wünschen sich nicht nur in Krisenzeiten einen Regierungschef, der souverän führt, vor allem aber seine Emotionen zumindest in der Öffentlichkeit beherrscht.
Bodo Ramelow ist im Herbst versetzungsgefährdet, weil Wahltag nun einmal Zahltag ist.

 




Corona hält den Freistaat in Atem: Landtagswahl im April immer unwahrscheinlicher

von KLAUS KELLE

ERFURT – Wird am 25. April in Thüringen ein neuer Landtag gewählt? Danach sieht es immer weniger aus. Im ZDF-„heute journal“ sagte Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) jetzt: „Wir haben 30.000 Wahlhelferinnen und Wahlhelfer, die wir schützen müssen.“ Und weiter: „Wenn im Januar, Februar keine Bewegung ist, dann werden wir auch das mitentscheiden müssen.“ Doch es ist Bewegung, nur leider in die völlig falsche Richtung was Neuinfektionen und Impfungen angeht.

Es spricht nicht mehr viel dafür, ausgerechnet in dieser Zeit die Bürger Thüringens zu den Wahlurnen zu rufen. Zumal auch ein echter Wahlkampf praktisch nicht möglich ist. Die beiden ersten Landtagswahlen 2021 werden bereits Mitte März in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz stattfinden. Ein reiner Geisterwahlkampf ohne Veranstaltungen mit physisch anwesenden Wählern und ohne Infostände in Fußgängerzonen. Die Kampagnen aller Parteien finden rein im Internet statt.

In Thüringen ist der Druck auf die Regierenden hoch, denn die etablierten Parteien hatten den Bürgern im Freistaat nach den beschämenden Ereignissen im Februar vergangenen Jahres schnelle Neuwahlen versprochen. Am 5. Februar 2020 war der FDP-Politiker Thomas Kemmerich damals im dritten Wahlgang offenbar mit den Stimmen von CDU, AfD und FDP zum neuen Ministerpräsidenten gewählt worden und hatte die Wahl angenommen. Was dann folgte, ist ein Lehrstück darüber, wie auch heute in einem demokratischen Rechtsstaat der Bürgerwille durch brutale Machtpolitik ausgehebelt werden kann. Die Kanzlerin ruft aus Südafrika an und fordert, dass die Wahl Kemmerichs „rückgängig“ zu machen sei – wie in einer Bananenrepublik. Und was passiert? Statt eines empörten Aufschreis der Bevölkerung und der Parteien, vollziehen alle Merkels „Wunsch“. Thomas Kemmerich und seine Familie stehen unter Polizeischutz, werden massiv von Medien und der politischen Linken unter Druck gesetzt. Schließlich knickt FDP-Chef Christian Lindner vor der Kanzlerin ein und bringt Kemmerich dazu, seinen Rücktritt zu erklären. Dann sorgt ausgerechnet die CDU, die sich gern als „Partei der Deutschen Einheit“ feiern lässt, dazu, einen abgewählten Linken wieder ins Amt zu befördern. Und Lindner? Der zieht alle Strippen, dass sein Parteifreund Kemmerich nicht wieder FDP-Spitzenkandidat wird, obwohl er der einzige liberale Politiker zu sein scheint, mit dem die Thüringer FDP die Fünf-Prozent-Hürde schaffen kann.

Eine Schmierenkomödie, die mit Demokratie nichts, aber auch gar nichts zu tun hat.

Denn:

  1. Die Landtagswahl und die Abstimmungen im Parlament sind ohne jeden Zweifel formal korrekt verlaufen.
  2. Die erfolglose rot-rot-grüne Regierung von Ramelow wurde eindeutig abgewählt von der Mehrheit der Bürger im Freistaat.
  3. Und die CDU, die Partei Helmut Kohls und Bernhard Vogels, hievte einen abgewählten Sozialisten wieder ins Amt.

Klar, dass viele Bürger darauf warten, noch einmal über diesen beschämenden Vorgang abzustimmen. Und ich freue mich darauf, zu erfahren, mit welcher Machtstrategie die CDU dann in die nächste Landtagswahl gehen wird.

Es ist absehbar, dass Ende April wegen der dramatischen Corona-Situation in ganz Thüringen nicht gewählt werden wird. Auch AfD und Grüne haben inzwischen erklärt, dass sie nicht davon ausgehen, dass im April gewählt werden kann. Aber irgendwann wird gewählt – die vielleicht spannendste Wahl in diesem Jahr in Deutschland…