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Ute Bergner aus Jena: Eine Politikerin, die Demokratie ganz neu denkt

JENA – Die fraktionslose Landtagsabgeordnete Dr. Ute Bergner aus Jena hat in der vergangenen Woche auf der Frankfurter Buchmesse ein ungewöhnliches politisches Buch vorgestellt. In „Mitmach-Demokratie“ macht sich die Unternehmerin und frühere FDP-Politikerin (jetzt: Bürger für Thüringen BfTh) Gedanken, wie unsere tradierte parlamentarische Demokratie mit neuem Leben gefüllt werden kann. „Ich möchte Widersprüche aufzeigen und Lösungen finden“, sagt sie im Gespräch mit THÜRINGEN.JETZT.

Politiker und Politikerinnen, die nicht nur auf die nächste Listenaufstellung und den nächsten Wahltermin schauen, sondern darüber hinaus denken, sind heute selten geworden. Und genau deshalb ist es wichtig, dass man dieser Frau zuhört – losgelöst von Ideologien und Parteibuchgeklüngel.

Demokratie und Transparenz bei politischen Entscheidungen, dass ist das Leitmotiv von Bergner. Und dazu gehört ganz vorn, dass Volksentscheide möglich werden, also die Bürger bei wichtigen Entscheidungen ganz direkt beteiligt werden, ja, den Ausschlag geben. „Das Volk ist doch der Souverän“, sagt die erfolgreiche Unternehmerin und nennt das Land Brandenburg als Vorbild. Auf Bundesebene sind Volksentscheide nicht vorgesehen – außer, wenn es um Gebietsfragen geht. So steht es im Grundgesetz. Aber eine stärkere Beteiligung von Kleinparteien, die sich zur Durchsetzung gemeinsamer Anliegen zu Wahlbündnissen vereinen – das mach fast niemand. Außer ein einmaliger Versuch in Brandenburg, wo die Freien Wähler im Bündnis mit anderen sechs Prozent und damit den Einzug in den Landtag schafften. In Thüringen ist das unmöglich – jetzt jedenfalls. Bergner: „Die Wahrheit im Politikbetrieb ist doch: Eine Regierung findet sich in einer Koalition zusammen und regiert vier Jahre lang durch. Die Opposition kann Fragen stellen und Anträge schreiben, die aber nie eine Mehrheit finden. Sie haben nichts zu sagen.“

Warum also soll es nicht möglich sein, in einem Bundesland wie Thüringen mit wechselnden Mehrheiten zu regieren? Das sei auch wichtig, um das Prinzip der Gewaltenteilung zur Geltung zu bringen. Das Parlament soll eigentlich die Regierung kontrollieren, in Wahrheit aber seien die Abgeordneten Erfüllungsgehilfen der Regierenden.

Bergner: „Die Bevölkerung hat die Nase voll von unseriösen Deals.“ Hätte sie etwas zu sagen, dann würden zum Beispiel nach einer Wahl die Ministerstellen ausgeschrieben. Da kann sich jeder für die Leitung der Ressorts bewerben, und das mit aussagekräftigen Unterlagen über bisherige Leistungen und Fachkenntnisse. Und dann solle eine Berufungskommission aus Abgeordneten aller Landtagsfraktionen entscheiden, wer der beste Bewerber und geeignet für den Ministerposten sei. Und wer Management kann und Sozialkompetenz besitzt. Revolutionäre Gedanken, aber: Warum eigentlich nicht?

„Parteien und Parlamente, das ist alles schön und gut“, sagt Bergner, aber viel wichtiger sei es, sich auch Zusammenhänge zwischen Natur und Gesellschaft zu erschließen und mit Fachleuten ins Gespräch zu kommen. Viel zu viele Berufspolitiker kümmerten sich viel zu wenig um die Lebensgrundlagen der Gesellschaft morgen und übermorgen. Manche folgten einfach Ideologien und füllten sich die eigenen Taschen statt den Job als Vertreter des Volks auszufüllen.

Das Thema Natur und Umwelt treibt Ute Bergner um. In ihrem neuen Buch plädiert sie für eine Kreislaufwirtschaft und stellt klar, dass CO2 kein Schadstoff, sondern ein Rohstoff sei. Man müsse schonend und sorgsam mit unseren Wäldern umgehen und nicht einfach dort, wo der Wald stirbt, Windkraftanlagen aufbauen.

Ute Bergner will nicht alten Pfaden folgen, sie will als Einzelkämpferin im Landtag Pflöcke einschlagen oder, wie sie sagt, eben Widersprüche benennen und Lösungen finden. Sachlich, nicht ideologisch. Und sie hat zwei Volksbegehren im Freistaat gestartet, eines – da geht es um die Änderung des Wahlgesetzes – läuft bereits.

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