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Richter nennt Angriff auf Jungen in Tram «menschenfeindlich»

Die Videos, die Ende April von Erfurt über die Sozialen Medien durch die Republik gingen, standen auch zum Prozessauftakt im Fokus.

Sie zeigten deutlich, dass der Angriff in einer Erfurter Straßenbahn «ganz offensichtlich menschenfeindlich» war, sagte der Vorsitzende Richter im Erfurter Landgericht.

Dort muss sich der 41 Jahre alte Angeklagte seitdem unter anderem wegen gefährlicher Körperverletzung und Beleidigung verantworten.

Er soll Ende April einen damals 17-Jährigen wiederholt ins Gesicht geschlagen und getreten sowie ihn rassistisch beleidigt haben, wie die Staatsanwaltschaft ihm am Donnerstag vorwarf. Zudem soll der Deutsche das Handy des Jugendlichen zerstört und den Straßenbahnfahrer zur Weiterfahrt genötigt haben. Gefährliche Körperverletzung kann mit einer Freiheitsstrafe zwischen sechs Monaten und zehn Jahren bestraft werden.

Der Angeklagte ist laut Richter «kein unbeschriebenes Blatt» und war zum Tatzeitpunkt auf Bewährung. Während die Videos aus der Straßenbahn bei der Ansicht für angespanntes Raunen in dem Saal voller Zuschauer und Medienvertreter sorgten, blieb der 41-Jährige regungslos. «Nachdem ich das Video gesehen habe, ist mir das auch peinlich», hatte er vorher durch seinen Anwalt verlesen lassen und sich für sein Handeln entschuldigt.

Aufgrund der vielfältigen Beweise und Zeugen sowie der Einlassung des Angeklagten wird es in dem Prozess weniger um den Tatvorwurf an sich als um das Strafmaß gehen. Dafür werden am zweiten Prozesstag am Freitag etwa Zeugen aus der Straßenbahn angehört. Auch der mittlerweile 18-Jährige, der dem Angriff ausgesetzt war, soll befragt werden. Am Donnerstag blieb der laut Vorsitzendem Richter in dem Video «völlig verschüchterte junge Mann» dem Prozess noch fern.

Die Nebenklage schlug vor, die Anklage um den Vorwurf des versuchten Mordes aus niederen Beweggründen zu erweitern. Durch die wiederholten «massiven» Tritte gegen den Kopf des Geschädigten habe er einen Tod in Kauf genommen. Ob der Hinweis aufgenommen wird, blieb zunächst offen.

Bei dem Angriff im April handelt es sich keineswegs um einen Einzelfall. Immer wieder kommt es in Thüringen zu rassistischen Übergriffen. Zuletzt hatte eine Gruppe Erfurter am vergangenen Wochenende zwei Männer mit einem Schlagring und einer Bierflasche attackiert und dabei rassistische Parolen gerufen.

Für den Prozess sind zunächst drei weitere Verhandlungstermine bis Dienstag (26. Oktober) angedacht (Az. 3 KLs 501 Js 13526/21 jug).




Brutaler rassistischer Angriff auf jungen Syrer in Erfurt

In Erfurt hat ein 40-Jähriger einen 17 Jahre alten Syrer in einer Straßenbahn rassistisch beleidigt, bedroht, bespuckt und brutal angegriffen.

Dem Täter gelang zunächst unerkannt die Flucht, doch «durch die am Tatort gewonnenen Zeugenhinweise» habe der polizeibekannte Mann zeitnah identifiziert werden können, teilte die Polizei am Montag über den Vorfall von Freitagnacht mit. «Der 40-jährige Mann wurde durch Zivilkräfte der Polizei am heutigen Nachmittag in Erfurt festgenommen.» Gegen ihn sei inzwischen Haftbefehl wegen gefährlicher Körperverletzung ergangen.

Zeugen hatten demnach von dem Geschehen in der Straßenbahn Videos gemacht und die Sicherheitskräfte zur Hilfe gerufen. Die äußeren Verletzungen des Opfers waren nach Polizeiangaben nur leicht. Bei dem mutmaßlichen Täter handele es sich um einen weißen Deutschen, der zunächst noch auf freiem Fuß war. Die weiteren Ermittlungen habe die Kriminalpolizei Erfurt übernommen. Dem Mann wird außer gefährlicher Körperverletzung Nötigung und Beleidigung vorgeworfen.

«So ein feiger Mensch, stark und aggressiv gegen einen Wehrlosen», kritisierte Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) auf Twitter die Tat. «Einfach widerlich!» Die CDU-Landtagsfraktion verurteilte den rassistischen Übergriff in der Straßenbahn ebenfalls «aufs Schärfste».